Aus dem Atom-Energie-Newsletter November 2020

Brennelementefabrik Lingen: Erst ein Etappensieg!

Wurden und werden nukleare Brennstoff-Exporte vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) rechtswidrig genehmigt? Nach einem von der IPPNW in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten von 2016 ist ein Export-Stop von Brennelementlieferungen aus Deutschland rechtssicher möglich - und dies, ohne dass hierzu ein neues Gesetz nötig wäre.

Weitere Stellungnahmen juristischer Sachverständiger im Auftrag der IPPNW vom Frühjahr 2017 kommen zu dem Ergebnis, dass die deutsche Bundesregierung einen Lieferstop rechtssicher anordnen könnte.

Klar ist, dass im Falle eines grenzüberschreitenden Atomunfalls – auch von der Schweiz ausgehend -  höchstwahrscheinlich große Teile der Bevölkerung in Deutschland von radioaktivem Fallout betroffen wären.

Nach dem Atomgesetz jedoch dürfen nukleare Exportgüter zu einem derartigen Risiko nicht beitragen. Eine Ausfuhrgenehmigung für „Kernbrennstoffe“ darf nicht erteilt werden, wenn durch deren Verwendung die „innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ gefährdet werden könnte.


Dennoch scheint manchmal der Rechtsweg das letzte verbleibende Mittel zu sein, um politisch etwas zu bewegen. Somit haben für die Region im Ländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz Vertreter*innen der Antiatomgruppen Freiburg mit dem BUND-Regionalverband und Vertreter*innen der IPPNW Widerspruch gegen die Ausfuhrgenehmigung des BAFA bezüglich der Brennelemente für das Atomkraftwerk Leibstadt vom 28. September 2020 eingelegt.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 16. Oktoberr 20, der dem Brennelemente-Export zu den umstrittenen Pannenmeilern Doel 1 und 2 in Belgien einen Riegel vorgeschoben hat, ist zwar nur ein Etappensieg, hat aber tatsächlich in mehrfacher Hinsicht Vorbildcharakter: Zum ersten Mal überhaupt hat sich ein deutsches Gericht mit der Sicherheit eines ausländischen Atomkraftwerks im Zusammenhang mit dem Export deutscher Brennelemente befassen müssen.

Das Dreiländereck wird gleich durch mehrere Altmeiler bedroht und so sind die Widersprüche auch mehrfach begründet: Das AKW Leibstadt ist mit über 35 Jahren nicht nur überaltert und damit deutlich gefährlicher, es fehlt an der Sicherheit der Anlage, sowie an der Zuverlässigkeit des Betreibers und der zuständigen Aufsichtsbehörde ENSI.

Dazu wurden in der Schweiz seit dem 01. Januar 2019 kontinuierlich  Strahlenschutzbestimmungen für die Bevölkerung gelockert, die im Falle von Sicherheitsmängeln und Unfällen zur Außerbetriebnahme von Atomkraftwerken führen müssten. So ist es  nun zulässig, dass Ereignisse mit einer Häufigkeit von 1:10 - also Ereignisse, die durchschnittlich alle 10 Jahre wiederkehren - zu einer Bestrahlung der Bevölkerung von 100 mSv führen dürfen. Weiterhin ist es in der Schweiz nun möglich, dass ein Atomkraftwerk unabhängig vom Ausmaß der Schädigung der Bevölkerung in Betrieb bleiben darf, wenn Radioaktivität nicht aus dem Kraftwerk selbst, sondern z.B. aus den Nasslagern der externen Brennelementebecken in die Umgebung austritt.

Besorgniserregend ist zudem die unmittelbare Nachbarschaft des privat betriebenen Schweizer Militärmuseums Full zum AKW Leibstadt. In nur 900 m Entfernung werden beispielsweise Panzer zu Show-Zwecken im Außenbereich gefahren.

Der BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein betont, dass im Falle eines gravierenden Störfalls mit Freisetzung radioaktiver Partikel die Evakuierung hunderttausender Bürger*innen droht und die Trinkwasserversorgung von Millionen Bürger*innen gefährdet ist - und daher die Funktionstüchtigkeit des Staates und seiner Verwaltungsorgane bedroht ist.

Noch befinden sich die eingereichten Widersprüche beim BAFA in Bearbeitung.

 

Alle weiteren Informationen und Entwicklungen auf der Seite der Exportstop-Kampagne: https://exportstop.de/

 

Spenden für die Exportstopp-Kampagne können Sie unter:
IPPNW e.V.
Stichwort "Exportstopp"
IBAN: DE23430609671159325101 bei der GLS-Bank, BIC: GENODEM1GLS

Und

BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
IBAN DE14 6809 0000 0041 7311 17 bei der Volksbank Freiburg BIC: GENO DE 61 FR 1


Mit herzlichen Grüßen,

IPPNW-Regionalgruppe Freiburg
Claudia Richthammer

zurück

Ansprechpartner*in


Patrick Schukalla
Referent Atomausstieg, Energiewende und Klima
bis Ende Sept in Elternzeit



Dirk Seifert
Referent Atomausstieg, Energiewende und Klima
E-Mail: kontakt[AT]ippnw.de

Atomenergie-Newsletter

Materialien

Öffentliches Fachgespräch im Bundestag zum Thema „Austausch über die Atomkatastrophen in Tschernobyl und Fukushima sowie die aktuelle Situation in Saporischschja“ vom 15. März 2023

Statement von Dr. Angelika Claußen "Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie – zivil wie militärisch"

Titelfoto: Stephi Rosen
IPPNW-Forum 174: Der unvollendete Ausstieg: Wie geht es weiter für die Anti-Atom-Bewegung?
auf ISSUU lesen  |  im Shop bestellen

IPPNW-Information: Radioaktive „Niedrigstrahlung“. Ein Blick auf die Fakten (PDF)

Risiken und Nebenwirkungen der Atomenergie
Risiken und Nebenwirkungen der Atomenergie
pdf-Datei  |  im Shop bestellen


Navigation