Kommentar von Dr. Angelika Claußen

Völkerrechtswidrige Angriffe der Türkei in Syrien und im Irak

23.11.2022 Im Windschatten des Ukrainekrieges führt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan völkerrechtswidrige Militäreinsätze in Syrien und im Irak durch. Die Bundesregierung muss sich für ein sofortiges Ende der völkerrechtswidrigen Angriffe des türkischen Militärs einsetzen. Erdogan will mit den Militäranschlägen Vergeltung für den kürzlichen Terroranschlag in Istanbul üben. Doch bisher hat die türkische Regierung keinerlei stichhaltige Beweise vorlegen können, dass kurdische Organisationen für den Anschlag in Istanbul verantwortlich sind, bei dem sechs Menschen ums Leben kamen und 80 verletzt wurden. 

Bei den Bombardierungen in Syrien sind laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 31 Menschen getötet, darunter 18 Kämpfer des kurdischen Militärbündnisses SDF und zwölf Kämpfer der syrischen Regierungstruppen. 40 Menschen seien verletzt worden. Im Irak starben neun Zivilist*innen. Dorfbewohner*innen hatten die Insassen eines zuvor beschossenen Fahrzeugs bergen wollen, als ein weiterer Luftangriff auf den Ort erfolgte. Zerstört wurde außerdem zivile Infrastruktur, darunter das Kraftwerk von Derik, ein Krankenhaus sowie Getreidesilos.

Die sogenannte »Operation Schwertklaue« richtet sich laut der Türkei gegen die Volksverteidigungseinheiten YPG in Nordsyrien sowie die PKK im Nordirak. Die kurdischen Organisationen bestreiten eine Täterschaft hinsichtlich der Anschläge von istanbul.. Das Verteidigungsministerium in Ankara berief sich auf das Recht zur Selbstverteidigung laut Charta der Vereinten Nationen.,. Doch selbst wenn die Anschuldigungen der Türkei wahr wären:  Bereits im Jahr 2020 hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages bezweifelt, dass die türkischen Militärangriffe mit dem Völkerrecht vereinbar sind.

Seit April 2021 führt die türkische Armee grenzüberschreitende Militäreinsätze in Irakisch-Kurdistan durch. Sie hat inzwischen mehrere Militärstützpunkte fest installiert und führt einen Krieg gegen die PKK, die dort in den Bergen ihr Rückzugsgebiet hat. Dabei leidet besonders die Zivilbevölkerung, deren Dörfer zerstört und die Menschen vertrieben werden. Der irakische Regierungschef hat die Anwesenheit türkischer Truppen verurteilt und will das türkische Vorgehen vor den UN-Sicherheitsrat bringen.

Laut Expert*innen besteht das Ziel der türkischen Regierung darin, türkisch besetzte Gebiete westlich und östlich der syrischen Stadt Kobane zu verbinden. Kobane hat für viele Kurd*innen einen starken symbolischen Charakter. Die prokurdische Partei HDP kritisiert, dass Erdogan den Anschlag in Istanbul als Vorwand nutze, um gegen Kobane vorzugehen, das mit seinem "epischen Widerstand" gegen den IS "die Unterdrückten dieser Welt inspiriert" habe.

Dr. med. Angelika Claußen

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Ansprechpartnerin

Angelika Wilmen

Angelika Wilmen
Referentin für Friedenspolitik
Tel. 030 / 698074 - 13
Email: wilmen[at]ippnw.de

Materialien

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