Beschluss der Mitgliederversammlung vom 27.04.2024

„Mut zu Abrüstung und Frieden - gerade jetzt!“

Leitantrag 2024

Der völkerrechtswidrige russische Angriff auf die Ukraine und die weitreichenden globalen Folgen stehen im Fokus unserer Aktivitäten. Seit Februar 2022 wird die Bevölkerung der Ukraine durch russische Truppen
täglich bombardiert. Jetzt weitet sich der Krieg auch auf russisches Territorium aus. Eine weitergehende,
auch atomare Eskalation ist nicht auszuschließen.

Neben den vielen anderen Kriegen und Krisen der Welt erleben wir seit den Hamas-Angriffen auf Israel vom 7. Oktober 2023 und dem Krieg Israels gegen Gaza eine sich bedrohlich zuspitzende Gewalteskalation, eine eklatante Verletzung von Völkerrecht sowie eine beispiellose humanitäre Katastrophe im Gazastreifen. Dieser Krieg droht sich jetzt infolge des mutmaßlichen israelischen Angriffs mit F35-Kampfjets auf das iranische Konsulat in Damaskus und durch den Angriff Irans auf Israel in einen Flächenbrand auszuweiten. Die IPPNW unterstützt die wiederholte Forderung von UN-Generalsekretär Antonió Guterres nach Deeskalation.

Der Mitbegründer der internationalen IPPNW, Bernard Lown war Kardiologe. Er würde vielleicht eine
„Kardioversion der Diplomatie“ einfordern, ein „einmal Innehalten“, um den friedenspolitischen und damit
sicherheitspolitischen Neustart zu erwirken, Im Ukraine-Krieg und im Nahost-Konflikt. Eine zunehmende
Militärrhetorik, die konventionelle und atomare Aufrüstung und Sicherheit fälschlich synonym setzt, führt in
eine Eskalation mit der Gefahr eines Atomkrieges. Das erfordert eine radikale Umkehr. Gerade jetzt ist die
Friedensarbeit der IPPNW besonders relevant.

Auch wenn wir in der Verurteilung des russischen Überfalls auf die Ukraine unter der Verantwortung von
Präsident Putin klar sind, sind wir auch eindeutig in unserer Forderung, von allen beteiligten Seiten den
konsequenten Einsatz für einen umgehenden Waffenstillstand, Verhandlungs- und Kompromissbereitschaft für ein Kriegsende einzufordern.

Auch innerhalb des NATO-Militär-Bündnisses und der eigenen Regierungsarbeit sind über lange Jahre
schwerwiegende Versäumnisse erfolgt. Wir müssen fragen, wo Chancen zu einer friedlichen Einigung
verpasst worden sind. Die Weigerung, die eigenen Anteile an dieser sich abspielenden Katastrophe zu
sehen, beraubt uns der Chance, einen wichtigen Beitrag zu ihrer Beendigung zu leisten. Militarisierung oder gar atomare Abschreckung sind keine Alternative zur notwendigen Deeskalation.

In Bezug auf die wiederholten Eskalationen im Israel-Palästina Konflikt, dem Gazakrieg und der jetzt
drohenden Gefahr eines Flächenbrandes im gesamten Nahen Osten ruft die IPPNW zu sofortigen
Verhandlungen zu Deeskalation und Waffenstillstand der beteiligten Konfliktparteien auf.

Gemeinsame verbindende Ziele trotz aller Rivalitäten könnten die Lösung der Klimakrise sowie atomare
Rüstungskontrolle und Abrüstung sein. Auch jetzt, wo solche Ziele unmöglich erscheinen hält die IPPNW an diesen Friedensforderungen fest.

Wir stellen uns mit unserer Arbeit unmissverständlich auf die Seite aller Opfer des Krieges. Dies gilt auch für Deserteure und Flüchtlinge vor Krieg und Ungerechtigkeit weltweit. Es gibt keine offensichtlich richtigen Antworten auf alle Fragen. Und zur unbequemen Wahrheit gehört auch, dass diplomatischer Erfolg bedeuten kann, manche Maximalforderung zurückzustellen.

Unserer gesundheitliche Expertise und Kompetenz bleibt wichtig: Wir wollen als IPPNW Mahnerin und
Ratgeberin sein für die Perspektiven einer Welt jenseits der aktuellen Konflikte. Als internationaler Verband können wir Brückenbauer sein und wollen diese Rolle verstärkt wahrnehmen:

Wir fordern:


• Kooperative Lösungen für die Klimakrise und für atomare Abrüstung müssen an die Spitze der
Prioritäten gestellt werden. Beide Ziele gehören unweigerlich zusammen.
• Alle Atomwaffenstaaten müssen sich vertraglich verbindlich verpflichten, auf einen Erst-Einsatz von
Atomwaffen zu verzichten und Atomwaffen aus der höchsten Alarmbereitschaft zu nehmen.
• Alle Atomwaffenstaaten, insbesondere die USA und Russland, müssen umgehend in Verhandlungen
eintreten, die bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Nichtverbreitungsvertrag zur
weltweiten Abschaffung aller Atomwaffen überprüfbar und innerhalb eines festen Zeitplans
rechtlich verbindlich zu regeln (insbesondere die Abrüstungsverpflichtung gemäß Art. VI).
• Die Bundesrepublik Deutschland als Nicht-Atomwaffenstaat muss die nukleare Teilhabe beenden
und dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten.


Wir fordern:

• einen Fokus auf die Etablierung internationaler Rechts- und Sicherheitsstrukturen unter Führung
der Vereinten Nationen. Law not war!
• Wir fordern Abrüstung für die Eindämmung der Klima- und Umweltkrisen und das Einbeziehen des
militärisch bedingten CO-2 Fußabdrucks in die Berichterstattung an das UNFCC. War ist not green!
• einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine und in Gaza und den Schutz der Zivilbevölkerung
auf allen Seiten einschließlich der Freilassung der Geiseln der Hamas.
• Mut zu diplomatischen Verhandlungen statt weiterer Eskalation durch Waffenlieferungen an
Konfliktparteien.
• Die sofortige Wiederaufnahme der Zahlungen an das UN-Hilfswerk UNRWA.
• eine diplomatische Anerkennung Palästinas durch die Bundesregierung (wie es Spanien, Irland,
Malta, Norwegen, Slowenien und andere Länder planen).
• Das Gesundheitssystem darf nicht militarisiert werden. Mitarbeitende im Gesundheitswesen dürfen
nicht dazu missbraucht werden, Kriegsführbarkeit zu ermöglichen. Denn: „Wir werden Euch nicht
helfen können.“ Deshalb müssen Kriegen beendet bzw. verhindert werden.
• Kriege sind ein wesentlicher Treiber für Umweltschäden. Wir fordern eine Ende des Schweigens
über die militärbedingte Klimaschäden.

Die politischen Krisen sind für uns alle eine große Herausforderung. Meistern können wir sie nur
gemeinsam. Deshalb appellieren wir an den Zusammenhalt innerhalb der IPPNW.


Verabschiedet auf der IPPNW-Mitgliederversammlung am 27. April 2024 in Frankfurt a.M.

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