Die Ärzt*innenorganisation IPPNW kritisiert die Entscheidung von Olaf Scholz, alle drei verbleibenden deutschen AKW bis April 2023 am Netz zu lassen scharf. Der Stresstest habe klar ergeben, dass die AKW weder einen nennenswerten Beitrag gegen die Gasknappheit erbringen könnten, noch für die Sicherung der Netzstabilität benötigt würden. Stattdessen stellten die maroden Altmeiler ein enormes Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung dar.
„Untersuchungen im AKW Neckarwestheim 2 haben im Juni 2022 zum sechsten Mal in Folge Korrosionsschäden in den Dampferzeugern aufgedeckt. Damit wurden inzwischen an mehr als 350 Rohren zum Teil tiefgehende und lange Risse nachgewiesen. Damit besteht akute Gefahr, dass weitere Risse entstehen und wachsen – bis dahin, dass die Rohre spontan bersten oder abreißen können. Reaktorsicherheitsexpert*innen warnen, dass schon der Bruch eines einzigen der mehr als 16.000 dünnwandigen Rohre einen Störfall bis hin zur Kernschmelze auslösen könnte. Das wäre eine Katastrophe für unser aller Gesundheit“, erklärt Dr. med. Angelika Claußen, Vorsitzende der IPPNW.
Motor für diese Entscheidung sind die FDP und die CDU/CSU. So wurde in den vergangenen Wochen von Seiten der FDP und der Union behauptet, es drohten Blackouts in Deutschland, sollten die verbleibenden drei deutschen AKW nicht am Netz bleiben. Fakt ist: der Stresstest besagt klar und deutlich, dass die AKW weder einen nennenswerten Beitrag gegen die Gasknappheit erbringen können, noch für die Sicherung der Netzstabilität benötigt werden. „Die Behauptung, ohne AKW drohe ein Blackout und eine noch weiter verschärfte Gasmangelkrise, sind unverantwortliche Horrorszenarien, die einzig der politischen Profilierung derer dienen, die schon lange den Ausbau der Erneuerbaren Energien blockieren“, so Claußen weiter. „Fakt ist gleichermaßen, dass die drei verbliebenen deutschen AKW erhebliche Materialermüdung aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters aufweisen und daher nicht sicher sind. Deshalb warnen wir Ärztinnen und Ärzte vor einem Weiterbetrieb über das Jahresende hinaus.“
Ein Bündnis von Atomkraftgegner*innen stellte deshalb bereits einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Mannheim auf einstweilige Anordnung zur vorläufigen Stilllegung des AKW Neckarwestheim-2. Der Eilantrag wurde abgelehnt. Jetzt sind die Abgeordneten des deutschen Bundestages gefragt, für die Sicherheit der Bürger*innen einzusetzen und gegen eine Änderung des Atomgesetzes zu stimmen.
„Eine Debatte über die Änderung des Atomgesetztes und ein Weiterbetrieb der drei AKW würde die Diskussion nicht beenden, sondern einzig als Steilvorlage dienen, um den Atomausstieg in Gänze in Frage zu stellen. Das gilt es jetzt unbedingt zu verhindern! Deshalb appellieren wir als Ärztinnen und Ärzte mit äußerstem Nachdruck an die Gewissen der Angeordneten im deutschen Bundestag, sich diesem politischen Spiel zu entziehen und gegen eine Änderung des Atomgesetzes zu stimmen!“, so Claußen abschließend.
Am 06. November organisiert die IPPNW zusammen mit anderen Anti-Atominitiativen eine Demonstration gegen den Weiterbetrieb in Neckarwestheim. Dr. med. Angelika Claußen wird mit einem Redebeitrag dabei sein.
Den Stresstest finden Sie hier: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/S-T/20220905-sonderanalyse-winter.pdf?__blob=publicationFile&v=8
Kontakt:
Lara-Marie Krauße, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel. 030 698 074 15, E-Mail: krausse[at]ippnw.de
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