IPPNW-Pressemitteilung vom 14. Juni 2024

Kein weiterer Betrieb mit atomwaffenfähig angereichertem Uranbrennstoff!

Klage gegen den Weiterbetrieb des Atomforschungsreaktor Garching

Die deutsche Sektion der internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) unterstützt die vom Bund Naturschutz gegen den Freistaat Bayern vor dem Bayrischen Verwaltungsgerichtshof in München vorgebrachte Forderung, den weiteren Betrieb des Atomforschungsreaktors FRM II mit atomwaffenfähig angereichertem Uran-Brennstoff zu untersagen. Am kommenden Montag, den 17. Juni 2024 wird darüber vor dem 22. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs  mündlich verhandelt.

Der Forschungsreaktor Garching ist der einzige Atomreaktor, der 2004 nach  der Havarie von Tschernobyl in Deutschland neu gebaut wurde. Die dort zu Forschungszwecken produzierten Neutronen werden in verschiedenen Forschungsbereichen der Industrie und der Medizin eingesetzt. Die Brisanz des Forschungsreaktors liegt im Proliferationsrisiko. Es werden Brennstäbe mit hochangereichertem Uran von 93% (HEU) verwendet, die atomwaffenfähig sind. Auch die Entsorgung dieser hochangereicherten Brennstäbe ist nicht gewährleistet, zumal das Zwischenlager nahezu voll ist. Nach einer Reihe von Pannen ist der Münchener Forschungsreaktor seit Jahren abgeschaltet und wegen Reparaturarbeiten weiter außer Betrieb.

Gegenstand der Klage ist, dass die TU München eine wesentliche Bestimmung der 3. Teilerrichtungsgenehmigung (TEG) aus dem Jahr 2003 bis heute nicht erfüllt hat. In dieser TEG wurde festgelegt, dass bis spätestens 31. Dezember 2010 die Umrüstung auf niedriger angereichertes Uran – mit einem Anteil an spaltbarem Material unter 50% - erfolgt sein muss. Dies ist bis heute nicht geschehen und die Bayerische Atomaufsichtsbehörde hat dies auch nie eingefordert. Nachdem die Staatsregierung auch nach dem Antrag des Bund Naturschutz in der Sache untätig blieb, hat der Verband im Mai 2020 Klage eingereicht, um den Weiterbetrieb des Reaktors zu stoppen. Auch bis zu 50% angereichertes Uran ist prinzipiell atomwaffenfähig und bewegt sich damit in einer rechtlichen Grauzone. Inzwischen wurden Technologien entwickelt, mit denen  der Reaktor unterhalb der Grenze von 20% Uran 235 betrieben werden kann. Bis zur Einsatzfähigkeit dieser Brennstäbe muss der FRM II abgeschaltet bleiben.

Dr. Angelika Claußen, Co-Vorsitzende der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW: „Die Bundesregierung Deutschland und die Staatsregierung Bayern tragen die Verantwortung dafür, dass die Betriebsgenehmigung für den FRM II bisher nicht beendet wurde. In der immer mehr eskalierenden Sicherheitslage der Welt ist dies ein absolut negatives Beispiel für die Verbreitungsgefahr von Atomwaffen-Material. Der geplante weitere Betrieb mit atomwaffenfähigem Uran  muss gestoppt und die rechtlichen oder praktischen Grauzonen im Umgang mit atomwaffenfähigem Material ... juristisch untersagt werden.“

Im Übrigen ist die Medizin für die Herstellung von radioaktiv wirksamen Arzneimitteln  für Diagnostik und bei  der Krebsbehandlung nicht auf radioaktive Neutronenquellen angewiesen. So werden Radiopharmaka in Deutschland in Teilchenbeschleunigern (Zyklotronen) z.B. an Universitätskliniken selbst hergestellt.

Die TU München hat in den 90er Jahren mit der Entscheidung, den neuen Garchinger Forschungsreaktor mit hoch angereichertem Uran (HEU) zu betreiben, einen abrüstungspolitischen Eklat ausgelöst. Entgegen jahrelangen internationalen Bemühungen, die Verbreitung dieses hoch gefährlichen atomwaffentauglichen Brennstoffs zu unterbinden, haben die Garchinger Forscher die internationale Gemeinschaft brüskiert.

In der Konsequenz haben die USA hart reagiert und die Belieferung des Garchinger Reaktors eingestellt.  Daraufhin handelten die Forscher der TU München in Moskau einen Liefervertrag mit Russland aus.

Die mündliche Verhandlung findet am Montag, den 17. Juni 2024 ab 10.00 Uhr in den Räumen des Bayerischen Verwaltungsgerichts in München in der Bayerstr. 30, Saal 5 statt.

Brennelementebelieferung siehe BASE online.

Ansprechpartner der IPPNW:  Dr. med. Angelika Claußen: Tel. 0172-5882786

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Materialien

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Statement von Dr. Angelika Claußen "Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie – zivil wie militärisch"

Titelfoto: Stephi Rosen
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