IPPNW-Pressemitteilung vom 5. Dezember 2024

Warnung vor für Deutschland gefährlichstem AKW

Stuttgart: Ärzt*innen übergeben Offenen Brief aus Sorge um geplanten Langzeitbetrieb des grenznahen AKW Leibstadt/Schweiz

In Sorge über den geplanten Langzeitbetrieb des Alt-AKW Leibstadt in der Schweizer Grenzregion zu Deutschland wenden sich 500 Ärzt*innen sowie 250 Unterstützer*innen am heutigen Donnerstag, 5. Dezember, in einem Offenen Brief an die politisch Verantwortlichen beiderseits der Grenze. In ihrem gemeinsam initiierten Appell warnen die Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) in Deutschland und der Schweiz vor den Risiken des Langzeitbetriebs und fordern die Stilllegung des Alt-Meilers, mindestens aber die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und eine grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung im Hinblick auf die faktische Laufzeitverlängerung. In einer öffentlichen Aktion werden die Unterschriften in Stuttgart an das Landesumweltministerium übergeben und in Bern an die zuständigen Vertreter im National- und im Bundesrat.

Das Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt liegt in unmittelbarer Grenznähe zu Baden-Württemberg. Bereits im September 2024 feierte der Betreiber das 40-jährige Bestehen des Altmeilers. Am 15. Dezember erreicht das AKW Leibstadt das Ende seiner Betriebsdauer von 40 Jahren, für die es bei der Inbetriebnahme 1984 ausgelegt war. Dennoch wollen die Betreiber und die Schweizer Behörden den Alt- und Risikomeiler weitere Jahrzehnte am Netz halten. Entgegen ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus den Konventionen von Aarhus und Espoo weigern sich die zuständigen Schweizer Behörden, eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unter öffentlicher Beteiligung der betroffenen Anwohner*innen beiderseits der Grenze durchzuführen.

Dr. med. Jörg Schmid aus Stuttgart, Sprecher der Arbeitsgruppe Atomenergie der IPPNW Deutschland, erklärt dazu: „Wir können nicht akzeptieren, dass sich die politisch Verantwortlichen in der Schweiz damit herausreden, dass ihr Atomgesetz keine Laufzeitbegrenzung kennt. Das AKW Leibstadt muss nach 40 Jahren Laufzeit abgeschaltet werden. Sollte der Betreiber einen Langzeitbetrieb anstreben, muss die Schweiz eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen. Dazu ist sie völkerrechtlich verpflichtet, dagegen helfen auch keine Verharmlosungsversuche. Das Alt-AKW bedroht unsere Region und die Gesundheit der Bevölkerung. Radioaktivität macht eben nicht am Schlagbaum halt. Daher fordern wir die deutschen Behörden im Land und im Bund dazu auf, auf die Schweiz einzuwirken und sich für unsere Forderung nach länderübergreifender öffentlicher Beteiligung einzusetzen.“

Eine wissenschaftliche Analyse des Genfer Institut Biosphère zu den Risiken eines schweren Atomunfalls in den Atomkraftwerken der Schweiz und Frankreichs identifiziert das AKW Leibstadt als das „mit Abstand gefährlichste Atomkraftwerk für Deutschland“.

Der Schweizer Onkologe Dr. Claudio Knüsli, Mitautor der Studie, ergänzt hierzu: „Die verschiedenen Wetterszenarien zeigen, dass bei einem schweren Unfall im grenznahen AKW Leibstadt die deutsche Bevölkerung stärker betroffen wäre als die Schweizer. Bei ungünstigen Wetterbedingungen wären die Opferzahlen in Deutschland sogar mehr als doppelt so hoch. Wir schätzen, dass in Europa je nach Wetterlage zwischen 20.000 und 90.000 schwere strahlenbedingte Erkrankungen wie Krebs, Herzinfarkte oder Schlaganfälle auftreten würden“.

Öffentliche Aktion von IPPNW Deutschland und BUND Baden-Württemberg am Donnerstag, den 5.12.24, ab 13.00 Uhr in Stuttgart:
Kundgebung und Übergabe des Offenen Briefes und der Unterschriften an das Umweltministerium (Umweltministerium Baden-Württemberg, Kernerplatz 9, 70182 Stuttgart).

Unsere Schweizer Kolleg*innen demonstrieren zeitgleich vor dem Schweizer Parlament in Bern auf dem Bundesplatz (3011 Bern, Schweiz) und übergeben den offenen Brief an die politisch Verantwortlichen:
https://www.ippnw.ch/2024/12/05/40-jahre-akw-leibstadt-am-15-12-2024-schluss-mit-der-behoerdlichen-verharmlosung-der-strahlenrisiken/

Fotos von der Aktion: www.flickr.com/photos/ippnw

Kontakt IPPNW: Dr. med. Jörg Schmid, Tel: 0160 937 44 908 (vor Ort)
Kontakt BUND BaWü: Fritz Mielert, Referent für Umweltschutz Tel: 0176 666 81 817

zurück

Ansprechpartner


Patrick Schukalla
Referent Atomausstieg, Energiewende und Klima
Email: schukalla[at]ippnw.de

Atomenergie-Newsletter

Materialien

Öffentliches Fachgespräch im Bundestag zum Thema „Austausch über die Atomkatastrophen in Tschernobyl und Fukushima sowie die aktuelle Situation in Saporischschja“ vom 15. März 2023

Statement von Dr. Angelika Claußen "Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie – zivil wie militärisch"

Titelfoto: Stephi Rosen
IPPNW-Forum 174: Der unvollendete Ausstieg: Wie geht es weiter für die Anti-Atom-Bewegung?
auf ISSUU lesen  |  im Shop bestellen

IPPNW-Information: Radioaktive „Niedrigstrahlung“. Ein Blick auf die Fakten (PDF)

Risiken und Nebenwirkungen der Atomenergie
Risiken und Nebenwirkungen der Atomenergie
pdf-Datei  |  im Shop bestellen


Navigation