Atommüll

Endstation Zwischenlager?

Schutzlos an der Oberfläche oder unter die Erde?

08.03.2018 Die Lagerung des Atommülls spitzt sich zu und droht sicherheitstechnisch wie finanziell zu einem „Fass ohne Boden“ zu werden: Wie selbstverständlich gehen manche schon davon aus, dass die Oberflächenlagerung des Atommülls in den "Zwischenlagern" zu einem Dauerzustand werden soll. Die gefährlichste aller Varianten, die Lagerung des Atommülls an der Erdoberfläche, soll mit dem Bau von neuen, leicht verbesserten Zwischenlagern zu einem Dauerzustand werden. Es besteht die Gefahr, dass nachfolgende Generationen dann nach der "Billiglösung" greifen und den Atommüll in Russland, der Mongolei oder anderswo "entsorgen" könnten.

 

Zwischenlagerung ohne Alternative?

Die dauerhafte Zwischenlagerung erscheint derzeit unausweichlich: Die vorgesehene und gesetzlich begrenzte Betriebszeit von 40 Jahren für die Zwischenlager reicht nicht aus, um einen Standort für ein tiefengeologisches „Endlager“ im breiten Konsens von geologischen Fachbehörden, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auszuwählen, geschweige denn zu bauen und in Betrieb nehmen. Das führt teilweise zu der Einschätzung, man solle sich gleich auf eine langfristige Zwischenlagerung als Dauerlösung für den Verbleib des Atommülls einstellen und dies als unausweichliche Realität hinnehmen. Es sollen daher viele neue, etwas sicherere Zwischenlager errichtet werden.

 

Wie weit reichen die Gelder?

Die Suche nach einem tiefengeologischen Lager droht in dieser Debatte in den Hintergrund zu treten. Teure Zwischenlagerbauten könnten die knappen Entsorgungsrückstellungen aufzehren, zumal der Atommüll vermutlich großteils aus den bisherigen Behältern entnommen und in neue, teure Zwischenlagerbehälter umgelagert werden würde. Für die neue „Atommüll-Industrie“ könnte sich die langfristige „Zwischenlagerung“ so zu einem lukrativen Geschäft entwickeln.

 

Was ist in 75 oder 150 Jahren?

Wenn die Entsorgungsrückstellungen aufgebraucht wären, sich die gesellschaftliche Einstellung zu den Gefahren des Atommülls verändert hätten und die gesellschaftlichen Verhältnisse ganz andere politische Prioritäten erzwingen würden als heute, könnte der Atommüll sehr schnell auf „billige“ und nur wenig sichere Weise „entsorgt“ werden. Beispielsweise in Russland oder in der Mongolei.

Es ist nicht unbedingt zu erwarten, dass künftige Generationen in 75 oder 150 Jahren die Entsorgung des Atommülls noch mit dem gleichen Interesse, dem gleichen Sicherheitsbewusstsein und mit der gleichen finanziellen Bereitschaft wie wir heute betrachten werden.

Die Fokussierung auf eine „Zwischenlager-Strategie“ würde dafür sorgen, den deutschen Atommüll auf unabsehbar lange Zeit an der Erdoberfläche zu belassen. Dabei handelt es sich nach allgemeiner fachlicher Auffassung um keine verantwortbare Variante der Atommüll-Entsorgung (vgl. Endlagerkommission).

 

Tiefengeologische Einlagerung als Alternative?!

Es stellt sich die Frage, ob es nicht auch in der Atommüll-Entsorgung den berühmten Dritten Weg gibt. Wer sagt, dass die 75- bis 150-jährige „Zwischenlagerung“ – mit allen damit verbundenen Gefahren – zwangsläufig an der Erdoberfläche erfolgen muss?

Die Verbringung in ein geologisches Tiefenlager in näherer Zukunft könnte eventuell einen Ausweg aus dem Zwischenlager-Dilemma darstellen, wenn man während der Einlagerungsphase noch eine Rückholbarkeit ermöglicht. Das ist die Strategie, die die Endlagerkommission vorgeschlagen hat.

Man könnte diesen Weg auch als eine "optimierte Zwischenlagerung in geologischen Tiefen" betrachten, die aber gegebenenfalls ohne weiteren Aufwand durch nachfolgende Generationen nahtlos in eine dauerhafte Lagerung übergehen könnte.

Wenn sich geologische Fachbehörden, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nach bestmöglichem Wissen auf eine entsprechende Lösung verständigen würden, wäre dies möglicherweise ein sinnvoller Weg im Interesse von Sicherheit, Gesundheitsschutz und Generationengerechtigkeit.

Insbesondere für die junge Generation ist es von Interesse, ob man ihr ein völlig ungelöstes Problem, d.h. den Atommüll an der Erdoberfläche einfach nur „vor die Füße kippt“ oder ob man einen realisierbaren Weg sucht, der den Schaden für alle halbwegs begrenzt.

Von Henrik Paulitz

 

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Ansprechpartner


Patrick Schukalla
Referent Atomausstieg, Energiewende und Klima
Email: schukalla[at]ippnw.de

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