Atomwaffenmonopol und Abrüstung
Als der Atomwaffen-Sperrvertrag (engl. Non Proliferation Treaty - NPT) 1970 in Kraft trat, hatten die Atomwaffenstaaten ein großes Ziel erreicht: Ihr Monopol auf den Besitz von Atomwaffen war jetzt völkerrechtlich festgeschrieben. Kein anderes Land außer China, Frankreich, Großbritannien, der UdSSR und den USA durfte fortan legal Atomwaffen entwickeln oder erwerben. Die inzwischen mehr als 190 anderen Vertragsstaaten ließen sich allerdings nicht ohne Gegenleistung zur militärisch-atomaren Enthaltsamkeit bewegen. Vielmehr sollten ihnen Materialien, wissenschaftliches Know-how und alle Technologien zur Nutzung der damals begehrten Atomenergie für zivile Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Die Vereinbarung sah darüber hinaus für die Atomwaffenstaaten die vertragliche Pflicht vor, Verhandlungen über Abrüstung und Abschaffung von Atomwaffen aufzunehmen.
Militärische und zivile Atomenergie
Wie aber unterscheidet man zwischen militärischer und ziviler Nutzung der Atomtechnologie? Ein kompliziertes Sicherheitskontroll-system (safe-guards) wurde zur Aufgabe der Internationalen Atomenergie-Behörde IAEO. Sie inspiziert seither regelmäßig Atomanlagen. Aber: Die Atomanlagen der Atomwaffen-Staaten werden genauso wenig kontrolliert wie die der Nicht-Unterzeichner-Staaten des NPT.
Die Atomwaffen-Staaten haben mit dem NPT illegale Waffenprogramme behindert und es unliebsamer militärischer Konkurrenz schwerer gemacht. Dennoch ist die Zahl der Atomwaffenstaaten ständig gestiegen: Indien, Pakistan und Israel gelten heute als De-facto-Atomwaffenstaaten. Auch Südafrika besaß zeitweilig Atomwaffen, hat diese aber nach eigenen Angaben abgerüstet.
Die Abrüstungsverpflichtung wird im NPT nicht im Detail konkretisiert. Weder sind die einzelnen Schritte zu einer vollständigen Abschaffung von Atomwaffen festgelegt, noch wird ein Zeitplan definiert. So stieg die Zahl der Atomwaffen zwischenzeitlich weiter bis auf 127.000 an. Trotz diverser Abrüstungsverträge ist ihre Anzahl heute höher als zu Vertragsbeginn. Fast 2.000 Atomtests musste unser Planet bis jetzt verkraften.
1995: Unbefristete Gültigkeit
Als der NPT Ende der 60er Jahre ausgehandelt wurde, sollte er zunächst für 25 Jahre gelten, mit Überprüfungskonferenzen alle fünf Jahre. 1995 wurde anlässlich der Konferenz zur Überprüfung und Verlängerung des Atomwaffen-Sperrvertrags entschieden, die Vereinbarung unbefristet auszudehnen.
Während dies insbesondere der Wunsch der Atomwaffenstaaten und ihrer Verbündeten war, empfand ein großer Teil der atom- und blockfreien Staaten den Vertrag als diskriminierend. Sie schlossen sich der Verlängerung trotzdem an, weil zusätzliche Versprechungen gemacht wurden, wie die vorherige Zustimmung zu einem umfassenden Atomteststoppvertrag. Grundlage hierfür war ein - seinerzeit verabschiedetes, aber bis heute unverbindliches - Papier Südafrikas über „Grundsätze und Ziele für Nichtweitergabe und Abrüstung“.
Im Jahr 2005 wird auf der NPT-Überprüfungskonfererenz offiziell Bilanz gezogen, wie sich der Vertrag seit 1995 bewährt hat. Vorbereitend fanden im April 2003 in Genf sowie 2004 Vorbereitungskonferenzen (sog. „PrepCom“) statt. Alle Vertragsstaaten beraten und beeinflussen, wie der Vertrag konkret ausgestaltet wird. Teilnehmen wird zudem das internationale Friedens-Netzwerk ABOLITION 2000, das mehr als 2.000 Nicht-Regierungs-Organisationen umfasst. Auch die IPPNW gehört dazu.
Das Papier „Grundsätze und Ziele ...“
Erster konkreter Erfolg des unbefristeten Vertrages - mit tatkräftiger Unterstützung durch internationale Kampagnen gegen Atomtests - war 1996 die Unterzeichnung des umfassenden Atomteststopp-Vertrags. Im Anschluss daran fordert das Grundsatzpapier ein Aktionsprogramm für Abrüstung. Die Herstellung spaltbarer radioaktiver Materialien für Atomwaffen soll verboten werden, und die endgültige Abschaffung der Atomwaffen soll stärker in den Mittelpunkt der Aktivitäten rücken.
Außerdem gibt es regionale Initiativen. So fordert eine Resolution arabischer Länder alle Staaten im Nahen Osten auf, den NPT zu unterzeichnen und eine Atomwaffenfreie Zone in der Region einzurichten.
Fazit
- Der Atomwaffen-Sperrvertrag enthält die Instrumente, um Atomwaffen abzuschaffen. Es fehlt den Atomwaffen-Staaten aber der politische Wille, ihre Verpflichtung zur Abschaffung auch umzusetzen. Statt dessen entwickeln sie weiterhin neue atomare Waffen.
- Der aktuelle Vertragstext schafft eine künstliche Unterscheidung zwischen Atomwaffen und Atomenergie. Zivile Atomtechnologie zu fördern bedeutet potentiell mehr Atomwaffenstaaten. Wenn alle Kernwaffen abgeschafft werden sollen, muss auch die Atomenergie aufgegeben werden.
- Mit dem Atomwaffen-Sperrvertrag allein werden die Atomwaffen nicht abgeschafft. Er wird zudem von vielen Ländern als diskriminierend empfunden. Mittelfristig droht, dass Länder austreten oder die Bestimmungen ignorieren. Es bedarf daher dringend weitergehender Verträge, um Teilprobleme wie das der Herstellung spaltbarer Materialien zu lösen.
- Dringend nötig ist es, Verhandlungen über eine Atomwaffen-Konvention aufzunehmen. Diese muss einen Zeitrahmen für die atomare Abrüstung vorgeben und die Instrumente für Überprüfung und Kontrolle entwickeln.
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