Erklärung der internationalen IPPNW

Atomwaffen im türkischen Incirlik nicht sicher

IPPNW fordert Ende der nuklearen Teilhabe

Zu den Jahrestagen von Hiroshima und Nagasaki ruft die ärztliche Friedensorganisation IPPNW die NATO-Staaten und Russland auf, ihre Politik der nuklearen Abschreckung zu beenden, sich an der Humanitären Initiative zu beteiligen und Atomwaffen zu verbieten und abzuschaffen.


Internationale VertretreterInnen der IPPNW erklären:

Seit den Atombombenabwürfen der USA auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 verstehen wir, dass der Einsatz von Atomwaffen katastrophale humanitäre Folgen hat. Auch heute sind tausende nukleare Sprengköpfe auf der Welt stationiert, 50 davon auf der NATO-Luftwaffenbasis Incirlik in der Türkei. Diese Waffen sind Teil des Nukleararsenals der USA, und in der Türkei im Rahmen der "nuklearen Teilhabe" der NATO stationiert.

Der kürzlich versuchte Militärcoup in der Türkei hat erneut die Frage aufgeworfen, wie sicher US-Atomwaffen in Incirlik oder anderswo in Europa wirklich sind. Eine noch wesentlichere Frage ist, wie Atomwaffen überhaupt als Garanten von Sicherheit wahrgenommen werden können, wenn sie doch in der Tat die größte Bedrohung der Menschheit darstellen.

Seit langem argumentiert die IPPNW, dass Atomwaffen die größte und die dringlichste Bedrohung der Sicherheit aller BewohnerInnen der Welt darstellen. Die US-Atomwaffen, die in der Türkei und an anderen Orten in Europa stationiert sind, stellen eine unmittelbare Bedrohung für die Zivilbevölkerung der betroffenen Länder sowie der Nachbarländer dar. Die 50 B-61 Bomben auf dem Stützpunkt Incirlik – nur 110 Kilometer von der syrisch-türkischen Grenze entfernt – machen durch den nach dem Putschversuch erklärten Ausnahmezustand eine ohnehin gefährliche und tragische Situation noch gefährlicher. Diese Waffen sollten aus der Türkei sofort entfernt werden.

Die Menschen in den weiteren Ländern, in denen 130 B-61 Bomben [1] gelagert sind, fühlen sich ebenfalls unsicher, weil Russland und die NATO-Staaten über den Konflikt in der Ukraine in ein "Kalter-Krieg-Verhalten" zurückfallen. Die größte Bedrohung der Sicherheit der Menschen in Europa – und somit für uns alle – ist, dass die Vereinigten Staaten und die NATO sowie Russland Manöver unter Beteiligung nuklearer Systeme durchführen und sich gegenseitig den möglichen Einsatz von Atomwaffen androhen. Das ist eine ernsthafte Bedrohung für den Weltfrieden.

Die neu gewählte britische Premierministerin Theresa May erklärte kürzlich ohne zu zögern, dass sie einen Nuklearschlag befehlen würde, der hunderttausende Menschen töten würde, wenn sie es für "notwendig" erachte. Das ist nicht nur unverantwortlich, es untermauert zudem die Aussage des UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon, der sagte: "Es gibt keine richtigen Hände für die falschen Waffen." Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat erklärt, dass Nuklearwaffen "absolut sinnlos" seien und ein "willkommenes Ziel für Terroristen". Beide haben recht.

Ärztinnen und Ärzte werden bei einem Einsatz von Atomwaffen nicht helfen können. Deswegen rufen die ÄrztInnen der IPPNW – und besonders jene unter uns, die in Europa leben und arbeiten – die führenden EntscheidungsträgerInnen aller europäischen Länder inklusive der Türkei dazu auf, sich Ende August zu der Mehrheit der atomwaffenfreien Staaten bei der ergebnis-offenen Arbeitsgruppe der UN (Open-Ended Working Group, OEWG) zu gesellen und zu empfehlen, dass die UN-Generalversammlung Verhandlungen für ein neues, rechtsverbindliches Instrument für ein Verbot von Atomwaffen mandatiert – einen Verbotsvertrag, der zu ihrer völligen Eliminierung führen wird.

Wir drängen zudem auf ein Ende der nuklearen Abschreckung, inklusive der "erweiterten" Abschreckung. Die sogenannte nukleare Teilhabe von NATO-Staaten – insbesondere Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und der Türkei, wo US-Atomwaffen gelagert sind – verschärft die Gefahren für die Menschen in diesen Ländern und steigert das Risiko, dass Atomwaffen eingesetzt werden. Die NATO muss diese Politik beenden.

Atomwaffen geben keine Sicherheit. Unsere Zukunft hängt von einem neuen Verbotsvertrag für Atomwaffen ab, der die rechtlichen, politischen und moralischen Grundlagen für ihre Abschaffung durch die neun Atomwaffenstaaten bereitstellt, die die Welt fortgesetzt mit einer humanitären Katastrophe bedrohen, aus der es keinen Weg zurück geben kann.


[1] Laut Hans M. Kristensen (Federation of American Scientists) sind es 20 in Belgien, 20 in Deutschland, 70 in Italien und 20 in den Niederlanden: http://thebulletin.org/upgrades-us-nuclear-bases-europe-acknowledge-security-risk8740

Kontakt: Xanthe Hall, Atomwaffenexpertin der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) e.V., Tel. 0171-4358404, xanthe@ippnw.de

zurück

Ansprechpartner*innen


Xanthe Hall

Abrüstungsreferentin
Expertin in Fragen zu Atomwaffen
Tel. 030 / 698074 - 12
Mobil 0177 / 475 71 94
Kontakt

Navigation