Atomenergie und Atomwaffen in einer instabilen Welt:
Europäischer IPPNW-Kongress zeigt Alternativen gegen gesundheitliche, gesellschaftliche und sicherheitspolitische Gefahren der militärischen und zivilen Nutzung der Atomenergie auf
Berlin, den 09.05.04 Die USA bereiten sich für kommende Kriege auf den Einsatz von Atomwaffen vor. Dies ist die einhellige Einschätzung der australischen Kinderärztin Helen Caldicott, dem amerikanischen Arzt und IPPNW-Gründer Professor Bernard Lown, dem malaysischen IPPNW-Präsidenten Ron McCoy, dem kanadischen Ökonomie-Professor Michel Chossudovsky und dem EUROSOLAR-Präsidenten Hermann Scheer. Sie warnten auf dem Kongress "Atomenergie und Atomwaffen in einer instabilen Welt" der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) an diesem Wochenende in Berlin vor dem geplanten Einsatz von taktischen Atomwaffen, so genannten Mini-Nukes.
"Die neue Atompolitik der USA involviert ausdrücklich die großen Rüstungsfirmen in der Planung des Atomkrieges", so Chossudovsky. "Diese bestimmen auch die Agenda des Einsatzes von Atomwaffen mit." Dies sei gleichbedeutend mit der "Privatisierung des Atomkrieges".
Private Industrieinteressen bestimmen auch die Agenda der Atomenergiepolitik. Das IPPNW-Vorstandsmitglied Angelika Claußen wies auf die Zufriedenheit der deutschen Atomwirtschaft mit dem so genannten Atomkonsens hin. Nach Darstellung des Atomkraftwerksbetreibers RWE ist der Weiterbetrieb der Atomkraftwerke "zukünftig ohne politisch motivierte Störungen" möglich. Frau Claußen hält es für bedauerlich, dass "somit nach Tschernobyl eine weitere Chance ungenutzt blieb, kurzfristig aus der Atomenergie auszusteigen."
Die russische Wissenschaftlerin Lydia Popova beschrieb das Interesse deutscher Unternehmen an einer nuklearen Schrottentsorgung in Russland. "Die russische Regierung hat bereits Genehmigungen zur Beförderung von radioaktiven Materialien für Ostseehäfen erteilt." Das sei ein Beleg für den bevorstehenden "Nuklear-Handel" zwischen der westlichen Atomindustrie und Russland.
Hermann Scheer wies darauf hin, dass Uran ebenso wie Öl und Erdgas ein auf wenige Jahrzehnte begrenzter Rohstoff sei. Zur Verlängerung des Atomzeitalters ziele die im Untergang begriffene Atomindustrie daher auf besonders gefährliche und unausgereifte Technologien wie Wiederaufarbeitung, Schnelle Brüter und Fusionsreaktoren ab. Die Menschheit müsse sich entscheiden zwischen dieser zentralisierten Option mit wirtschaftlichen Vorteilen für wenige und dem Solarzeitalter, dessen dezentrale Technologien nicht nur ökonomisch und ökologisch allen Menschen nutzen würde, sondern auch das Denken und die Moral revolutionieren würde. Kriege ums Öl wären in einer Solarwirtschaft obsolet, so Scheer.
Für Ron McCoy liegt die "Lösung des Problems der Verbreitung von Atomwaffen nicht in der Fortsetzung diskriminierender Politik oder im einseitigen illegalen Präventiveinsatz, sondern in der Überwindung der Doppelmoral, der Einhaltung von Verträgen und der Respektierung internationalen Rechts".
Über drei Kongresstage vom 7. bis 9. Mai informierten rund 40 internationale ReferentInnen etwa 800 TeilnehmerInnen in der Urania in Berlin. Diesen wurde klar, dass für die Beendigung der militärischen und zivilen Nutzung der Atomenergie eine andere Herangehensweise als bisher erforderlich ist. Die entscheidenden ökonomischen, politischen und medialen Hintergründe müssen durchschaut werden.
Pressekontakt:
Henrik Paulitz - mobil 0171 - 538 88 22;
Dr. Jens-Peter Steffen - mobil 0178 - 433 25 13
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW),
Körtestr. 10, 10967 Berlin, Tel.: 030-698074-0, Fax: 030-6938166,
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Kongress-Dokumente im Internet: www.atomkongress.de
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