IPPNW begrüßt die Ratifizierung des Neuen START-Abkommens

Brief der internationalen IPPNW-Präsidenten

Mit einem Schreiben an die Präsidenten der USA und Russlands würdigen die Präsidenten der IPPNW die erfolgreiche Ratifizierung des neuen Abkommens zur Reduzierung der strategischen Waffen (START). Nach dem Vertrag werden beide Länder die Zahl ihrer stationierten strategischen Atomwaffen auf jeweils 1550 reduzieren, und zusätzlich die Anzahl der stationierten und nicht-stationierten Trägersystemen auf jeweils 800 verringern. Das Abkommen wurde am 25. Januar 2011 vom russischen Parlament, der Staatsduma, ratifiziert und am 26. Januar erfolgte die Ratifizierung durch den russischen Föderationsrat. Der US-Senat ratifizierte den Neuen START-Vertrag bereits am 22. Dezember 2010. Das Neue START-Abkommen wird im Februar mit der Unterzeichnung der Ratifizierungsurkunden durch den russischen Außenminister Sergei Lawrow und US-Außenministerin Hillary Clinton in Kraft treten.

Brief der IPPNW-Präsidenten im Wortlaut:

Verehrte Präsidenten Obama und Medwedew,

mit der Ratifizierung des Neuen START-Vertrages durch das russische Parlament in dieser Woche und durch den US-Senat im vergangenen Monat erfüllen Sie Ihr vor fast zwei Jahren gegebenes Versprechen, die Grundlagen für eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen. Als Sie im März 2009 in Moskau zusammen kamen, nannten Sie die neue Runde US-amerikanisch-russischer Reduzierungen von Atomwaffen eine „Anzahlung“ auf eine atomwaffenfreien Welt. Auch wenn diese Anzahlung - in reinen Zahlen gesehen - bescheiden ausfällt, ist das Neue START-Abkommen, wie sein Name suggeriert, ein Versprechen auf mehr.

IPPNW beglückwünscht Sie zu diesem langerwarteten Abschluss, dankt Ihnen für die Führungsstärke, die Sie beide angesichts der politischen Opposition gegen diese Ratifizierung gezeigt haben, und bittet Sie dringend, unverzüglich auf diesem Erfolg aufzubauen. Wir hatten uns bereits zuvor an Sie gewandt mit der Mahnung, dass Sie beide als verantwortliche Staatschefs der größten Atommächte der Welt die einmalige Chance nutzen, um der Bedrohung durch jene Waffen, mit denen die Menschheit ausgelöscht werden kann, ein Ende zu setzen.

Schreckliche Gewaltakte haben kürzlich das Leben von Dutzenden unschuldiger Menschen in Ihren beiden Ländern gefordert und haben uns alle daran erinnert, wie tragisch und unannehmbar solche Gräueltaten, selbst mit relativ geringen Opferzahlen, sind. Als Ärzte wissen wir genau, womit unsere Kollegen in Tucson und Moskau konfrontiert waren bei ihrem Versuch, das Leben der Verwundeten zu retten. Unser tiefempfundenes Mitgefühl gilt auch den Familien der Opfer sowie den Völkern Russlands und der USA. Beide müssen ein weiteres Mal mit erschreckenden Ereignissen fertig werden, wie sie in zu vielen Teilen der Welt eine zu häufige Erscheinung geworden sind.

Sollten jemals wieder Atomwaffen eingesetzt werden, könnte die Zahl der Opfer viele Hundert Millionen betragen und Ärzte wären hilflos bei dem Versuch, das Leiden der Überlebenden zu lindern. Selbst mit den Reduzierungen die im Neuen START Abkommen genannt sind, haben Russland und die USA weiterhin nukleare Arsenale stationiert, mit denen ganze Völker vernichtet werden können, durch die das weltweite Klima zerstört werden kann und die, im schlimmsten Fall, die ganze Erde unbewohnbar machen. Es wird uns niemals gelingen, jeden willkürlichen Gewaltakt zu verhindern, aber es liegt ganz und gar in unserer Macht eine globale nukleare Katastrophe zu verhüten, indem wir die entsprechenden Waffen abschaffen.

Wir verstehen, dass der Weg dahin nicht frei von Hindernissen ist. Russland ist besorgt wegen der US-amerikanischen Raketen-Abwehr-Pläne und wegen des großen Ungleichgewichts in konventioneller Rüstung; die USA sind besorgt wegen der Tausenden von taktischen Atomwaffen, deren Verbleib in den russischen Arsenalen von den Reduzierungsabkommen über strategische Waffen nicht berührt wird. Beide Länder heben die Tatsache hervor, dass sie in der Welt nicht die einzigen Besitzer von Atomwaffen sind und argumentieren damit, dass der Abrüstungsprozess durch die Weiterverbreitung erschwert wird. Das alles sind berechtigte Bedenken. Aber nichts wiegt jene Gefahren auf, die mit dem Festhalten an diesen unerträglich zerstörerischen Waffen verbunden sind, und kein Bedenken berechtigt dazu, jenen Tag hinauszuschieben, an dem die Welt von diesem Schrecken und dieser Bedrohung befreit ist.

Wir bitten Sie dringend, dass Sie ebenso wie sie das Neue START-Abkommen in Kraft gesetzt haben, sich nun dem Ziel der Vernichtung der letzten Nuklearwaffen in dieser Welt neu zu widmen. Der sicherste Weg um dieses Ziel zu erreichen, ist für die USA und für Russland den Vorschlag für einen weltweiten Vertrag zur Abschaffung von Atomwaffen anzunehmen: jene Nuklearwaffenkonvention, auf die sich UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, eine großen Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten und tausende Gruppen der Zivilgesellschaft verständigt haben. Und es bleibt Aufgabe für Ihre beiden Staaten, die internationale Gemeinschaft – Atomwaffenstaaten und Nicht-Atomwaffenstaaten gleichermaßen – für Verhandlungen über eine neue und beständige Beendigung der Ära der Atomwaffen zu motivieren.

Wir beglückwünschen Sie dafür, dass Sie das Neue START-Abkommen zu einem erfolgreichen Abschluss geführt haben und wir appellieren an Sie, das  begonnene Werk zu vollenden.

Hochachtungsvoll

Vappu Taipale
Sergey Kolesnikov
Robert Mtonga

IPPNW-Präsidenten

zurück

Ansprechpartner*innen


Xanthe Hall

Abrüstungsreferentin
Expertin in Fragen zu Atomwaffen
Tel. 030 / 698074 - 12
Mobil 0177 / 475 71 94
Kontakt

Navigation