Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des britischen Unterhauses hatte seine Arbeit Mitte November 2007 aufgenommen. Er sollte die Spätfolgen der Atombombentests auf australische und britische Atomtestveteranen und ihre Familien untersuchen. Grund für die Einrichtung des Ausschusses war die Klage von 700 ehemaligen Arbeitern und Soldaten sowie ihren Angehörigen. Sie klagen vor dem obersten britischen Zivilgericht auf Entschädigungszahlungen wegen Gesundheitsspätfolgen.
Die Ergebnisse der Untersuchungskommission wurden Mitte Januar dem britischen Premierminister Gordon Brown vorgelegt. Der Ausschuss stützte sich auf bereits in der Vergangenheit durchgeführte medizinische Studien an den Atomtestveteranen und ihren Nachkommen. Sie belegen, dass die Kinder der unmittelbar an den Tests beteiligten Personen zehnmal so viele körperliche Behinderungen aufweisen und zehnmal so häufig an Krankheiten sterben, die sich auf die Einwirkung radioaktiver Strahlung zurückführen lassen. Die Kinder und Enkelkinder der Atomtestveteranen leiden zweimal so häufig an diversen Krebsarten und haben achtmal häufiger genetische Defekte als die Kinder von Eltern, die nicht an Atomtests beteiligt waren. Die britische Tageszeitung „Herald Sun“ behauptet gar, die Langzeitfolgen der Atomtests erstreckten sich über 20 Generationen.
Bereits drei unabhängige Studien zu den Folgen der Tests hatte das „National Radiological Protection Board (NRPB)“ in der Vergangenheit durchgeführt. Das Britische Unterhaus hat sowohl diese älteren Studien als auch die diesjährigen Ergebnisse des parlamentarischen Untersuchungsausschusses nicht akzeptiert. Es weigert sich anzuerkennen, dass die vor 50 Jahren stattgefundenen Atomtests auf die heute noch lebenden Nachkommen der Arbeiter und Soldaten gesundheitliche Auswirkungen haben. Das Unterhaus hat den Antrag gestellt,
den Prozess um Kompensationszahlungen um mindestens 18 Monate zurückzustellen. Vorläufig und quasi „zur Beruhigung“ sollen den betroffenen Familien jedoch jetzt 10.000 Pfund (ca. 13.270 €) Entschädigung gezahlt werden.
Der Anwalt der 700 Kläger, Mervyn Fudge von der Kanzlei Rosenblatt, sagte gegenüber der Zeitung „The Epoch Times“, diese Verzögerungstaktik der Regierung sei eine „bloody disgrace“ (verfluchter Schande). Er befürchtet, dass in den 18 Monaten bis zur Wiederaufnahme des Verfahrens weitere Atomtestveteranen sterben könnten. „Es ist eine Schande, wie die Regierung mit diesen Menschen umgeht, sie spielt auf Zeit“, entsetzte sich der Anwalt.
Zwischen 1952 und 1967 waren 22.000 Engländer, 14.000 Australier, 500 Neuseeländer sowie etliche Amerikaner, Kanadier und Fidschianer an den Atomtestserien in der Wüste von Maralinga (Süd-Australien), auf Christmas Island, auf der Monte Bello Insel vor der australischen Westküste und auf pazifischen Inseln (u. a. Kiribati) beteiligt.
Quellen: Pazifik aktuell Nr. 73, Februar 2008; BBC News 15.10.07, Herald Sun 18.01.08, The Epoch Times 23.01.08
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