04.01.2019 Die IPPNW kritisiert die heutigen Äußerungen des NATO-Generalsekretärs Jens Stoltenberg über eine atomare Nachrüstung. Sie zeigten eine fehlende Bereitschaft der NATO, in einen echten Dialog mit Russland über den INF-Vertrag zu treten. Ein solcher Dialog sei aber bitter nötig. „Ein Dialog mit dem Ziel, eine Lösung des Konflikts über den INF-Vertrag zu finden, ist nicht in Sicht. Stattdessen redet Stoltenberg eine nukleare Nachrüstung in Europa herbei. Das erinnert an die damalige NATO-Doppellösung, die uns in den 1980er Jahren beinahe in den atomaren Abgrund getrieben hat. Der INF-Vertrag war damals die Rettung für Europa,“ sagt Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin der IPPNW.
Die USA werfen Russland aufgrund der Entwicklung des SSC-8-Marschflugkörpers Vertragsbruch vor. Russland gibt die Entwicklung der neuen Waffe zu; Sergej Ryabkow, russischer Vize-Außenminister behauptet aber, dass der SSC-8 nicht gegen den INF-Vertrag verstoße. Andersherum wirft Russland den USA vor, durch das Aegis-Raketenabwehrsystem ebenfalls den INF-Vertrag zu verletzen. Die USA dementiert das.
Die USA droht Anfang Februar aus dem INF-Vertrag auszutreten, sollte der vermeintliche Vertragsbruch bis dahin nicht aufgeklärt sein. Die IPPNW fordert stattdessen einen lösungsorientierten und moderierten Dialog, der die gegenseitigen Vorwürfe ausräumt und ausarbeitet, wie es mit dem Vertrag in Zukunft weitergehen könnte – auch unter Einbeziehung von anderen Atomwaffenstaaten.
Eine atomare Nachrüstung in Europa führe erneut zu einem Wettrüsten wie im Kalten Krieg, so die IPPNW. „Die Stationierung von Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern verschärft den Konflikt zwischen Russland und der NATO und erhöht damit die Gefahr eines Atomkrieges durch Fehlalarm oder falsche Kalkulation“, erklärt Hall.
Zudem könnte das Scheitern des INF-Vertrages weitreichende Konsequenzen für die Abrüstung insgesamt haben, befürchtet die Ärzteorganisation. Der Neue START-Vertrag läuft 2021 aus und, wenn er nicht verlängert oder ein neuer bilateraler Vertrag an seiner Stelle verhandelt wird, wird die Begrenzung der stationierten Atomwaffen Russlands und der USA aufgehoben. Die Folge könnte ein unbegrenztes nukleares Wettrüsten sein.
Die IPPNW fordert die Bundesregierung daher auf, ihre Abrüstungspolitik zu überdenken, die auf dem START-Prozess fußt. „Wenn INF- und START-Vertrag scheitern,“ so Hall „bleibt nur noch die völkerrechtliche Ächtung von Atomwaffen durch den Vertrag zum Atomwaffenverbot (2017), der zusammen mit dem Nichtverbreitungsvertrag einen multilateralen Weg zur Eingrenzung des Wettrüstens und für eine vollständige nukleare Abrüstung darstellt.“
Kontakt: Angelika Wilmen, Pressesprecherin der IPPNW, Tel. 030-69 80 74-15, Xanthe Hall, IPPNW-Abrüstungsexpertin, Tel. 030-69 80 74-12, Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, Email: presse@ippnw.de, www.ippnw.de
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