Hintergrundinformationen

Nukleare Materialien und Umweltverschmutzung

Das Atomzeitalter und die Folgen für Russland

Bis in die 90er Jahre hinein waren die militärischen Programme für den Bau von Kernwaffen und den Betrieb von Militäranlagen auf See und an Land geheim. Verantwortliche Ministerien verschwiegen nicht nur technische Charakteristika der Produktion, sondern auch vorgekommene Havarien und Tatsachen der Umweltverschmutzung. Erst in jüngster Zeit wurde öffentlich, welch schlimme Folgen das Atomzeitalter für Russland gebracht hat.

Beispiel 1: Etwa 100 abgewrackte Atom-U-Boote säumen die Küsten die Küsten Russland, darunter die der russischen Stadt Murmansk. Allein in Murmansk lagern derzeit etwa 30.000 atomare Brennelemente und mehrere zehntausend Kubikmeter radioaktiven Abfalls. In der Vergangenheit wurden Atomreaktoren zum Teil absichtlich im Meer versenkt.

Beispiele 2: Die mehr als vierzigjährige Produktionsvereinigung "„MAJAK" führte zu einer lokalen Anhäufung außerordentlich großer Mengen an Radionukliden und zu einer erheblichen Verseuchung der Ural-Region. Auf dem Betriebsgelände des Kombinates lagern mehr als 500.000 Tonnen fester radioaktiver Abfälle unter freiem Himmel.

Beispiel 3: Flüssige mittelaktive Abfälle werden seit 1951 in den See Karatschai eingeleitet. Belastet ist das Gewässer vor allem mit Cäsium-137 und Strontium-90. Der See ist eine Quelle für die Aerosol-Verseuchung des Luftraumes der Region mit langlebigen Radionukliden.

Beispiel 4 - Tetscha-Fluss: Von 1949 bis 1951 wurden die Abfälle radiochemischer Produktion in den Fluss Tetscha geleitet. Dieser Fluss ist 240 km lang und landet über andere Flüssen letztlich nach weit mehr als 1000 km im nördlichen Eismeer. Als 1951 radioaktive Abfälle im Eismeer gefunden wurden, beschloss man, die Bewohner einiger Ortschaften an den Flüssen zu evakuieren. In größeren Ortschaften durften die Menschen bleiben, allerdings musste die Trinkwasserversorgung umgestellt werden. Etwa 124.000 Menschen waren einer stark erhöhten Strahlung ausgesetzt. Gesundheitsfolgen: Die Strahlenbelastung der örtlichen Bevölkerung führte zur Entstehung von chronischer Strahlenkrankheit. Am Oberlauf der Tetscha können in einigen Gebieten bis zu 5 Prozent der Menschen an der Strahlenkrankheit leiden. Das bedeutet, Schwächung des Immunsystems, Störung der Blutbildung, erhöhte Anfälligkeit für Krebserkrankungen.

Es gibt weltweit keine Konzepte, wie atomare Abfälle sicher gelagert oder gar entsorgt werden können. IPPNW fordert deshalb:

 

· Einleitung radioaktiver Stoffe in Flüsse, Seen und Meere stoppen.· atombetriebene U-Boote und Schiffe sofort aus dem Dienst nehmen.

· Atomwaffen an Bord von U-Booten weltweit aus der Alarmbereitschaft nehmen (Unfallgefahr für einen ungewollten Abschuss von Atomwaffen).

· überkommene Militärstrategien aus dem Kalten Krieg endlich ändern und entschieden abrüsten.


Wichtig: atomare Verseuchung ist kein russisches Problem. Auch US-amerikanische Militäranlagen und gesunkene US-U-Boote belasten die Umwelt in erheblichen Maße. Auch hier muss gehandelt werden.

Lars Pohlmeier
August 2000


Publikationen:
"Atom ohne Geheimnis: Eine Dokumentationen zum Nuklearkomplex der GUS und Russlands", Jemeljanenkow, Alexander und Popow, Dr. Wladimir, IPPNW-Deutschland/RPPNW (Hrsg), Moskau-Berlin 1992, DM 15.00
In engl. Sprache: "The Sredmash Archipelago", Jemeljanenkow, Alexander, SLMK/RPPNW (Hrsg), Moskau 2000, DM 20.00
Diese Titel sind von der IPPNW-Geschäftsstelle abrufbar.

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Ansprechpartner*innen


Xanthe Hall

Abrüstungsreferentin
Expertin in Fragen zu Atomwaffen
Tel. 030 / 698074 - 12
Mobil 0177 / 475 71 94
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