Bericht über das Wochenende im August 2015
Im August fand das jährliche Sommertreffen der Jungen IPPNW statt. In einer Kommune in Niederkaufungen bei Kassel waren wir in einem Tagungshaus aus Fachwerk zu Gast. Gute 20 TeilnehmerInnensowie drei Kinder nahmen an dem WEDJI (Wochenende der Jungen IPPNW) teil. Am Freitagabend lernten sich die ÄrztInnen bei einem gemütlichen Abendessen kennen. Das WEDJI bietet die Möglichkeit, dass Studierende im praktischen Jahr so wie Assistenz- und FachärztInnen zusammen kommen, um gemeinsam zu diskutieren und sich auszutauschen. Es besteht Raum zur Reflexion über Berufswege, Arbeitsbelastungen, Familienplanung und andere Herausforderungen. Thematisiert wird auch, in wie weit man es schafft, sich neben dem Berufsleben mit gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen auseinanderzusetzen und sich in diesen Bereich zu engagieren.
Inhaltlich beschäftigten wir uns bei diesem Treffen mit der komplexen Materie "Rassismus". Wir begannen mit einer Einführung, welche globale Aspekte sowie den historischen Kontext der Entstehung von Rassismus beleuchtete.Mit unterschiedlichen Methoden wie Kleingruppenarbeit, youtube-Videos und anderen Animationen erfolgte eine Analyse von Mechanismen und Strukturen unserer Weltordnung und Gesellschaft, welche auf verschiedenen Ebenen durch Rassismen geprägt sind. Einen wichtigen Anteil hatte die Selbstreflexion, die zum einen dazu anhielt, seine eigenen Assoziationen und Stereotypen zu hinterfragen, sowie sich seines Weißseins bewusst zu werden. Bei der Auseinandersetzung mit der Thematik soll es nicht nur um „die Anderen gehen", um die People of Color (POC), sondern eben auch um die mit Weißsein-assoziierten Machtverhältnisse und Hierarchien. Außerdem wurde immer wieder deutlich, dass es unterschiedliche Wahrheiten gibt, welche durch Wahrnehmung, Standpunkte und Sozialisierung bedingt und gewachsen sind. Am Abend wurde in einer großen Runde zu später Stunde angeregt über Rassismus im Krankenhaus diskutiert. Es wurde deutlich, dass es im Arbeitsalltag immer wieder zu Ausgrenzungen und Ablehnung von POC kommt, aber dass es keine standardisierten Verfahren gibt, mit diesen Rassismen umzugehen. Ebenso wurde auch von eigenen Vorurteilen und Stereotypen berichtet, die man selbst bei sich beobachtet, im Rahmen der Behandlung von verschiedenen PatientInnen. Auf Grund der aktuellen Entwicklungen ist es umso wichtiger für die Problematik sensibel zu sein und wachsam zu bleiben. Es bedarf an offenen Diskussionen in unserem Umfeld, wie z.B. im Krankenhaus, zur Schaffung eines Bewusstseins und eines Raumes für Dialog.
Am Sonntag nahmen wir dann nach einem entspannten Frühstück an einer Führung durch die Kommune teil. Bei strahlendem Sonnenschein wurden uns Hintergründe zur Organisation des Zusammenlebens von ca. 60 BewohnerInnen erläutert. So bestehen unterschiedliche Möglichkeiten der Beschäftigung innerhalb der Kommune. Das gesamte Einkommen wird in eine Kasse gezahlt, über welche alle Mitglieder frei verfügen können. Die Mitglieder wohnen in unterschiedlich großen Gemeinschaften. Die Kommune ist wunderschön mit altem Fachwerk, Gärten, Bibliothek, Yogaräumen und einer Fahrradhalle und -werkstatt.In regelmäßigen Plenarsitzungen finden Diskussion über Probleme, Wünsche und Anliegen statt.
Eine spannende und inspirierende Lebensweise, die zum Nachdenken anregt. Es stellen sich Fragen, wie wir leben wollen bzw. welche Lebensformen nachhaltig sind auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen bei weiterhin fortschreitendem Klimawandel.
Das nächste WEDJI wird voraussichtlich Anfang 2016 stattfinden.
Katharina Thilke