IPPNW-Pressemitteilung vom 16. August 2023

Debatte um Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine

IPPNW empfiehlt Waffenstillstand zur Vorbeugung einer Eskalation

16.08.2023 Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW warnt vor dem Hintergrund der Debatte um die Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine vor einer Eskalation des Krieges bis hin zur Möglichkeit eines Atomkriegs oder einer „horizontalen“ Eskalation, bei der sich der Krieg auf einzelne Nato-Länder oder die Nato insgesamt ausweiten könnte. Die Ärzt*innenorganisation unterstützt internationale Gespräche, in denen ein Waffenstillstand und darauf aufbauende Friedensverhandlungen vorbereitet werden.

Nur durch Prävention kann eine weitere Eskalation verhindert werden. Auch unabhängig vom Eskalationsrisiko muss aus humanitären Gründen ein Ende der Kriegshandlungen angestrebt werden, um das tägliche Sterben und die Traumatisierungen sowohl der Zivilbevölkerung wie auch der Soldat*innen zu beenden. Die mit dem Krieg zusammenhängenden, multiplen Krisen, wie z.B. die Hungersnot, ansteigende Lebensmittelpreise, Inflation und Klimakrise, gilt es abzumildern.

Die Debatte um die Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine spitzt sich zu, während Kiew zeitgleich offenbar zunehmend Ziele in Russland angreift. Der Marschflugkörper „Taurus“ hat eine Reichweite von bis zu 500 km, mit der er russisches Gebiet erreichen könnte. Attacken mit westlichen Waffen auf russisches Kerngebiet würden nach Medienberichten aus Sicht der USA und des Bundeskanzlers "die Gefahr bergen, dass die Nato in dem Konflikt Kriegspartei wird." Deshalb würde eine technische Limitierung der Reichweite in der Zielprogrammierung, die durchaus möglich wäre, geprüft. Der Militärexperte Oberst a.D. Ralph Thiele warnte allerdings im ZDF-Interview, die Ukraine sei in der Informationstechnologie hochprofessionell und es wäre „naiv zu denken, dass sie das, was wir jetzt als Begrenzung in den Taurus einbauen, nicht überwinden können." Wir würden uns „in eine immer tiefere Einbindung in diesen Konflikt“ hineinschleichen, so Thiele. Grundsätzlich stünde am Ende der „vertikalen Eskalationsleiter“ der Einsatz von Nuklearwaffen.

Ein Nuklearkrieg wird nicht begrenzt bleiben. Die IPPNW wies auf ihrem Weltkongress in Mombasa im April 2023 darauf hin, dass militärische Planspiele regelmäßig zur totalen Eskalation und gegenseitigen Vernichtung führen, sobald Atomwaffen eingesetzt werden. Die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand im Ukrainekrieg hat deshalb für die IPPNW als Organisation zur Verhütung des Atomkriegs eine zentrale Bedeutung.

Die IPPNW verweist dabei auf inzwischen zahlreiche Vorschläge und Initiativen, den Krieg in der Ukraine durch Diplomatie zu beenden. In jüngster Zeit gab es mehrere Friedensinitiativen und Vermittlungsangebote. Sie kamen beispielsweise aus Brasilien, China, Indonesien und dem Vatikan. In Kopenhagen und Dschidda haben Vertreter der Ukraine und anderer Nationen, auch aus dem Globalen Süden, unter anderem über Selenskyjs „Friedensformel“ diskutiert. Zudem setzt sich eine afrikanische Delegation von mehreren Staats- und Regierungschefs um den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa für einen Friedensplan für die Ukraine ein. Die Chancen dieser Initiativen für einen Waffenstillstand und Verhandlungen steigen, wenn eine starke Zivilgesellschaft und Friedensbewegung diese Bemühungen unterstützt.


Weitere Informationen:
Waffenstillstandspapier (Februar 2023): https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Waffenstillstand_und_Frieden_Ukrainekonflikt_Feb2023.pdf
 
Kontakt:
Frederic Jage-Bowler, jagebowler[at]ippnw.de, +49 30 69807415

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Ansprechpartner*innen

Angelika Wilmen

Angelika Wilmen
Referentin für Friedenspolitik
Tel. 030 / 698074 - 13
Email: wilmen[at]ippnw.de


Dr. Jens-Peter Steffen

Kontakt zur Kooperation für den Frieden
Email: steffen[at]ippnw.de

Materialien

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