IPPNW-Pressemitteilung vom 31. Mai 2013

Frieden und Freiheit lassen sich nicht mit Waffen erzwingen

IPPNW-Kleinwaffenkongress „Zielscheibe Mensch“

31.05.2013 Mit dem IPPNW-Kongress „Zielscheibe Mensch“ zu den sozialen und gesundheitlichen Folgen des globalen Kleinwaffenhandels findet erstmals ein internationaler Kleinwaffenkongress in einer Region statt, in der die Waffen produziert werden. Aus Europa, Australien, Südostasien, dem Vorderer Orient bis hin zu Afrika, Nord- und Lateinamerika reisten etwa 300 TeilnehmerInnen aus 25 Ländern an. International anerkannte Experten referierten zu den globalen Folgen des Kleinwaffenhandels und den konkreten Auswirkungen für die betroffenen Menschen, vor allem im globalen Süden.

Dr. Walter Odhiambo aus Kenia verdeutlichte an Hand konkreter Patientengeschichten aus seiner Klinik in Nairobi die medizinischen, sozialen, psychologischen und nicht zuletzt auch finanziellen Kosten einer einzigen Kugel für die Opfer, deren Familien und das Gesundheitswesen. Der Wissenschaftler, Autor und Aktivist Andrew Feinstein wies auf die fließenden Grenzen zwischen legalem und illegalem Waffenhandel hin.So sei ihm in den letzten 13 Jahren Tätigkeit als Waffenexperte nicht ein einziger Waffendeal untergekommen, der kein Element der Illegalität beinhaltet habe: „Korruption, die Zahlung von Schmiergeldern oder die Beteiligung krimineller Zwischenhändler sind notwendige Komponenten jedes Rüstungsexports“.

Am Samstag, den 1. Juni werden die TeilnehmerInnen des Kongresses gemeinsam mit dem baden-württembergischen Chornetzwerk zum größten deutschen Kleinwaffenproduzenten, Heckler & Koch, in Oberndorf ziehen. Hier, vor den Toren von „Europas tödlichstem Unternehmen“ (Jürgen Grässlin, Schwarzbuch Waffenhandel), werden sie mit einem Konzert ihr Entsetzen äußern über das, was mit den in Oberndorf produzierten Waffen passiert. Gleichzeitig lernen sie den Ort kennen, an dem die Leidensgeschichte ihrer Patienten seinen Anfang nimmt. „Wenn in meine Ambulanz junge Patienten mit Schussverletzungen eingeliefert werden, geht es mir darum, die Blutung zu stillen und eine Behinderung oder den Tod zu verhindern. Jede Kugel erzählt eine Geschichte,“ so der Arzt Homsuk Swomen aus Nigeria.

Heckler & Koch, die auf unsere Einladung zum Kongress nicht reagiert haben, behaupten in ihrer heutigen Stellungnahme, sie würden jedes Opfer von kriegerischer Auseinandersetzung bedauern. Dabei sterben, laut dem kürzlich erschienenen Schwarzbuch Waffenhandel täglich 114 Menschen durch Waffen aus ihrer Produktion. Auch der Behauptung Heckler & Kochs, ihr Unternehmen würde sich für eine friedliche Welt, für „zivile Sicherheit, Freiheit und den Grundrechten wie der Meinungsfreiheit einsetzen“ widersprechen wir entschieden. Frieden und Freiheit lassen sich nicht durch Waffengewalt erzwingen. Sie sind nicht möglich in Ländern, in denen die massive Einfuhr von tödlichen Waffen politische Strukturen korrumpiert und untergräbt. Heckler & Koch liefern nachweislich in Länder, die mit ihren Waffen Menschenrechtsverletzungen begehen und die Ausübung demokratischer Rechte verhindern. Ein besonders eklatantes Beispiel dafür ist die Vergabe der Lizenz des Heckler & Koch Sturmgewehres G36 an das autoritäre Regime Saudi-Arabiens, das diese Gewehre sogar international zum Verkauf anbietet, so dass die Waffen sich wie eine Seuche verbreiten können.

„Deutschland trägt als drittgrößter Waffenexporteur der Welt auf verheerende Art und Weise zu dieser Epidemie von Kleinwaffen bei. Wir müssen das Schweigen über die gesundheitlichen und sozialen Folgen des Kleinwaffenhandels beenden und uns unserer Verantwortung für das Leid der Opfer bewusst werden“, so Dr. Helmut Lohrer, Vorstandsmitglied der deutschen IPPNW und Kongresspräsident.

Kontakt: Angelika Wilmen, Pressesprecherin, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges /Ärzte in sozialer Verantwortung, Körtestr. 10, 10967 Berlin, E-Mail: wilmen@ippnw.de, www.ippnw.de, Mobil 0162 205 79 43


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