Aus IPPNW-Forum 81-82/03

Berührungsängste überwinden

Die Regionalgruppe Würzburg

Wolfram Braun ist seit 1983 in der Friedensbewegung, seit 1986 Mitglied der IPPNW und hatte bis Anfang letzen Jahres eine Landpraxis in Markt Einersheim bei Würzburg. Jetzt ist er im Ruhestand. Er hat drei eigene erwachsene Kinder und ein Adoptivkind, einen traumatisierten Soldaten aus Mostar/Bosnien.

Wann ist die Regionalgruppe entstanden?
Sie entstand im Anschluss an einen bewegenden Vortrag Professor Gottsteins in der Uni Würzburg über die damalige medizinische Situation in Bosnien spontan im Frühjahr 1994.

Aktuell sind wir eine Gruppe von ca. 6-8 KollegInnen, wobei die Frauen absolut in der Mehrheit sind. Wir treffen uns jeweils am 2. Donnerstag des Monats.
In Würzburg gibt es auch eine aktive Studierendengruppe der IPPNW, deren Mitglieder nach Möglichkeit zu unseren Treffen kommen und mit denen wir sehr freundschaftliche zusammenarbeiten.

Gibt es einen Schwerpunkt in der Arbeit der Gruppe?
Ja: Seit 1995 laden wir jedes Jahr etwa fünf Medizinstudentinnen und –studenten aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien zu einer einmonatigen Famulatur im September nach Würzburg ein. Wichtig ist uns dabei, dass die jungen Leute aus Ländern kommen, die gegeneinander Krieg führten. Sie arbeiten in verschiedenen Abteilungen der Missionsärztlichen Klinik und verbringen vier Wochen zusammen. Unsere Idee dabei ist, dass sie Berührungsängste, die durch Propaganda während der Kriegszeit aufgebaut wurden, überwinden. Das war direkt nach dem Krieg gelegentlich schwierig, wurde aber mit jedem Jahr unproblematischer Außerdem hoffen wir, dass in den einzelnen Nachfolgestaaten IPPNW-Sektionen entstehen.

Dieses Jahr im September erwarten wir je eine Studentin der einen Studenten aus Novi Sad, Sarajevo, Pristina, Skopje und Osijek, d.h. aus Serbien, Bosnien, Kosovo, Mazedonien und Kroatien. Sie sind wieder eingeladen im Gästehaus des Missionsärztlichen Instituts zu wohnen.

IPPNW-KollegInnen aus der Missionsärztlichen Klinik begleiten die Gäste fachlich z.B. haben sie eine Vorlesungsreiche in englischer Sprache initiiert, zu der auch einheimische Famuli eingeladen sind (auf diese Weise entstand die Würzburger IPPNW-Studentengruppe!). Wir laden die Gäste auch privat ein oder machen mit ihnen Wochenendausflüge in besonders sehenswürdige Städte unserer Umgebung. Dreimal waren wir mit ihnen auch in Berlin. Die Studis "helfen" die Woche über bei der Freizeitgestaltung.

Jedes Jahr treffen wir uns mit "Ehemaligen". So fahren diesmal zwei aus der Gruppe nach Rijeka zu einem Kongress "Traumatisierte Kinder und Jugendliche", wohin auch die Ehemaligen eingeladen sind. Der Kongress wird von IPPNW Graz mitgestaltet.

Haben sie gegen Irak-Krieg gearbeitet?
Unser Gruppenmitglied Dr. Renate Geiser leitet den sogenannten Missio-Chor, der geistliche afrikanische Lieder mit Trommelbegleitung singt. Die evangelische St. Johanniskirche mit ca. 1000 Plätzen konnten wir füllen mit einem Benefizkonzert des Chores für das Mutter-Kind-Hospital in Basra. In dieser Region des Irak sind nach dem 2. Golfkrieg überdurchschnittlich viele kindliche Leukämien aufgetreten. Wir konnten 4.050 Euro zusammenbringen, die zur Errichtung einer Blutbank beitragen sollen. Gleichzeitig haben mit dem Konzert gegen den bevorstehenden Krieg demonstriert.

Waren die Gruppe auf dem Kongress "Kultur des Friedens"?
Leider war es diesmal nur mir möglich den Kongress mitzuerleben. Aber ein Großteil unserer Gruppe war am 15.2.2003 zur Demonstration in Berlin. Wir sind froh über diese Großveranstaltungen, da wir dort sehen können, dass wir nicht allein auf verlorenem Posten stehen

Was wünschen sie sich als Regionalgruppe vom IPPNW-Vorstand und der IPPNW-Geschäftsstelle?
Eigentlich haben wir keine speziellen Wünsche. Die Zusammenarbeit, die bisher problemlos geklappt hat, möge so weitergehen.

 

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