Erklärung

Umstände aufarbeiten

Erklärung zur deutschen Beteiligung

 

Die Bundesregierung hat aber die Beteiligung deutscher Soldaten am Krieg gerade damit legitimiert, "eine humanitäre Katastrophe im Kosovo" verhindern zu wollen. Bundesverteidigungsminister Scharping hat durch seine Darstellung serbischer Gräueltaten in den Massenmedien, insbesondere der "Massaker" in Rogovo und Radcak, durch seine Behauptung über die Errichtung eines "serbischen KZs" im Fußballstadion von Pristina und über den "Hufeisenplan" der serbischen Armee die These der "humanitären Katastrophe" untermauert. Bundesaußenminister Fischer hat durch den Bezug auf Auschwitz die gesellschaftliche Zustimmung zum Nato-Bombenkrieg entscheidend erweitert.

Manche Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieser Erklärung haben, grade auf Grund dieser Darstellungen und um serbische Gräueltaten in letzter Minute zu verhindern, eigene pazifistische, politische und völkerrechtliche Bedenken zurückgestellt und die militärische Intervention der Nato akzeptiert. Seit dem Kriegsbeginn, heute vor zwei Jahren, sind jedoch erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der Behauptungen aus der Politik entstanden, mit denen die angebliche "humanitäre Intervention" begründet wurde. In zahlreichen Berichten von Presse, Funk und Fernsehen sowie in Büchern wurde der Bundesregierung vorgeworfen, Tatsachen verfälscht, Fakten erfunden und manipuliert, bestimmte Lageberichte eigener Behörden zurückgehalten und Aussagen der OSZE-Beobachter unterdrückt und in voller Kenntnis von Tatsachen bewußt gelogen zu haben, um die Zustimmung der Bevölkerung zum Nato-Bombardement zu ermöglichen. Dieser Verdacht macht eine nüchterne, offene und umfassende Aufarbeitung aller Ereignisse und Fakten, die zum Krieg geführt haben, unumgänglich.

Deshalb:

 

  • fordern wir den deutschen Bundestag auf, zur Überprüfung aller Vorwürfe gegen die Bundesregierung umgehend eine unabhän- gige Untersuchungskommission aus anerkannten kompetenten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens einzusetzen, die sich auch mit der Rolle des Parlaments bei der Entscheidung für den Krieg beschäftigt;

  • unterstützen und ermutigen wir die Medien, zur Aufarbeitung und zur Wahrheitsfindung ihren Beitrag zu leisten;

  • rufen wir alle, die Gegner und die Befürworter der militärischen Intervention, zu einem offenen Dialog auf. Eine weitere Verdrängung dieses einschneidenden Kapitels der jüngsten deutschen Geschichte beschädigt die Grundlagen unserer Demokratie.

    Zu den ErstunterzeichnerInnen gehören bereits:

    Esther Bejarano, Prof. Dr. Andreas Buro, Prof. Dr. Hans-Peter Dürr, Prof. Dr. Ulrich Gottstein, Jörn Heher, Stefan Heym, Dr. Heinz Loquai, Prof. Dr. Dieter Lutz, Prof. Dr. Mohssen Massarrat, Bergrun und Prof. Dr. Horst Eberhard Richter, Friedrich Schorlemmer, Alice Schwarzer, Reinhard J. Voß

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