08.03.2011 Vom 13.-16.01.2011 hat an der Evangelischen Akademie Bad Boll (Deutschland) die Erste Vorbereitungstagung für einen zivilgesellschaftlich basierten KSZMNO-Prozess stattgefunden. Maßgebliche Trägerorganisation der Initiative ist IPPNW-Deutschland. Teilgenommen haben insgesamt 27 Personen, davon 16 aus acht Ländern des Mittleren und Nahen Ostens: Irak, Iran, Israel, Jordanien, Kuwait, Palästina (inkl. Gaza), Syrien und Türkei. Kurdische TeilnehmerInnen kamen aus der Türkei und dem Nord-Irak.
Der Ansatz, eine gemeinsame regionale Identität zu definieren und dies zur Grundlage eines Emanzipationsprozesses als Region zu machen, soll der konfliktschürenden Dominanz äußerer Interessen entgegenwirken und so friedensstiftend sein. Er ist bisher einmalig. Nachdem es schon mehrfach Impulse für eine von der europäischen KSZE inspirierte KSZNO gab (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten), beruht der von dem deutsch-iranischen Friedensforscher Prof. Mohssen Massarrat entwickelte KSZMNO-Ansatz auf einem Konzept, das die gesamte Region umfasst. Deren Grenzen sind dabei bislang nicht scharf definiert.
Die Tagung bestand aus drei Teilen: Nach einer Einführung durch Vertreter der Initiativgruppe (M. Massarrat und Ch. Krämer) stellten zwei frühere hochrangige Diplomaten zunächst die europäische Erfahrung dar – flankiert von einer Vertreterin der Helsinki Citizens Assembly, dem zivilgesellschaftlichen Arm des KSZE-Prozesses. Als zentraler Teil folgten dann Inputs von allen VertreterInnen aus der Region mit Vorschlägen für grenzüberschreitende Kooperationsprojekte. Hieraus entstanden sechs Arbeitsgruppen zu den Themen: wissenschaftliche Zusammenarbeit und studentische Ausbildung, interkultureller und interreligiöser Dialog, gemeinsame Sicherheit und atomwaffenfreie Zone Nahmittelost, wirtschaftliche Zusammenarbeit, Menschenrechte und Demokratisierung sowie Internet / Infrastruktur für eine regionale Kommunikation. Dazu wurden sechs weitere Themengebiete definiert: Frauenrechte und Gleichstellung, erneuerbare Energien und Energie-Transportsysteme, gemeinsame Nutzung wichtiger Ressourcen, Umweltfragen, humanitäre Hilfe und Gesundheitsversorgung sowie Migration.
Zuletzt ging es ums Operative: Erweiterung der bisher europäisch dominierten Koordinationsgruppe um VertreterInnen aus der Region, Verbreiterung der Initiative, Erstellung eines groben Zeitplanes bis zur eigentlichen Gründungs-KSZMNO (die für 2014 angestrebt wird), Planung einer 2. Vorbereitungstagung hierfür sowie Organisation und Finanzierung des Prozesses – die weitgehend aus der Region selbst kommen soll. Es zeigte sich, dass es zu einigen Themen bereits ganz konkrete Projekte gibt, z.B. Kontakte zwischen der Universität Ankara und syrischen Universitäten, ein palästinensisch-israelisches Journal (www.pij.org), oder eine kuwaitische NGO zum inter-islamischen Dialog. Es gab auch kontroverse Debatten, u.a. zu zentralen Begriffen. Frauen monierten die bislang geringe Thematisierung der Geschlechterfrage und die Überzahl männlicher TeilnehmerInnen. An diesen Problemen soll gearbeitet werden. Die Einbeziehung israelischer TeilnehmerInnen wurde intensiv diskutiert, da es in mehreren arabischen Ländern Verbote gibt, an gemeinsamen Aktivitäten mit Israelis teilzunehmen, und bei vielen NGOs auch derartige Grundsatzbeschlüsse. Dies wird verstärkt durch die Zerstörung des "Nahost-Friedensprozesses" seitens der israelischen Regierung mit ihrer Siedlungs-Politik. Ergebnis war, dass alle Vorschläge, deswegen auf israelische Beteiligung zu verzichten, mit großer Mehrheit abgelehnt wurden – mit Verweis auf das KSZMNO-Grundprinzip "Dialog ohne Vorbedingungen", das dem Ausschluss von Teilnahmewilligen widerspricht.
Insgesamt verlief die Tagung in sehr konstruktiver Atmosphäre. Sie endete mit einem "Mission Statement" und dem Wunsch, bald eine eigene Internetpräsenz zu schaffen.
Christoph Krämer, IPPNW-AK "Süd-Nord"
Mission Statement
Promoting mutual understanding and recognition, peace, stability, human development and human rights, as well as overcoming mistrust, fragmentation, fear, hatred and war, by strengthening a common identity as a region, based on common ground in values and on the both principles "security by cooperation instead of mutual threatening" and "dialogue without preconditions".
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