Die Post-2015-Agenda

Kein Frieden ohne Entwicklung – keine Entwicklung ohne Frieden

Ein Bericht von Mechthild Klingenburg-Vogel

Im Februar nahm ich an einer sehr guten Informationstagung des Forum Ziviler Friedensdienst zur Post-2015-Agenda unter dem Motto „Kein Frieden ohne Entwicklung – keine Entwicklung ohne Frieden“ teil. Vorher hatte ich nur vage Vorstellungen, um was es in dieser Agenda geht, die im September von einem UNO-Gremium abschließend beraten und im Dezember 2015 in Paris verabschiedet werden soll. Die Post-2015-Agenda soll die Milleniums-Entwicklungsziele, (Millenium-Development-Goals, MDGs) ersetzen. Mir scheint es außerordentlich wichtig für die Friedensbewegung, sich mit der Post-2015-Agenda zu befassen, weil – im Unterschied zu den Milleniumszielen – jetzt nachhaltige Entwicklung, Klimafolgen und Frieden zusammengebracht werden.

Während die alten MDGs auf klassische Entwicklungsthemen wie Bekämpfung von Hunger und Armut durch die reichen Industrienationen ausgerichtet waren, soll der neue Zielkatalog umfassender ausfallen und die Ursachen, z. B. den Zusammenhang von Hunger, Armut und Umweltzerstörung mit kriegerischen Konflikten aufzeigen und durch Förderung ziviler Konfliktbearbeitung bekämpfen sowie die reichen Industrienationen, die die Umwelt- und Klimabelastungen und die Ausbeutung von Ressourcen wesentlich verursachen, zur Verantwortung ziehen. Ein Dialog und die Auseinandersetzung zwischen „Nord und Süd“ „auf Augenhöhe“ wird angestrebt. Die Millenium-2000-Ziele haben in einigen Punkten Fortschritte erreicht: beispielsweise bis 2015 den Hunger zu halbieren, die Kinder- und Müttersterblichkeit zu reduzieren, Aids, Malaria und TBC zu bekämpfen, Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu Bildung zu verbessern. Allerdings ist die fast erreichte Halbierung der Anzahl von Hungernden und in maximaler Armut Lebenden (von weniger als einem Dollar pro Tag) durch die vielen Kriege mit deren Folge von Zerstörung und Flucht verhindert worden.

Der Auftrag des von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon berufenen Gremiums mit 27 VertreterInnen aus Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft aus allen Teilen der Welt war, Vorschläge für eine globale Agenda als Folgekonzept für die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) und der 2012 in Rio verabschiedeten nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) zu erarbeiten. Beinhalten soll die neue Agenda Themen wie Armutsreduzierung, Chancengleichheit, Gleichstellung der Geschlechter, Bildung, Gesundheit, Klimawandel, Umweltschutz, Wachstum und Beschäftigung, Beseitigung von Hunger und Mangelernährung, demografische Entwicklung, Migration, Stadtentwicklung, nachhaltiges Wirtschaften, das die begrenzten Ressourcen unseres Planeten anerkennt, Frieden, Menschenrechte und gute Regierungsführung sowie den Aufbau einer globalen Partnerschaft sowie Rechenschaftspflicht aller Akteure durch Einführung eines transparenten Monitoring-Systems durch die UN. 

Bis 2030 soll eine globale strukturelle Transformation mit fünf Hauptpunkten vollzogen werden:

1. Leave no one behind

2. Put sustainable Development at the Core: Um die planetaren Grenzen nicht zu überschreiten, muss eine strukturelle Transformation hin zu ökologischem Wirtschaften erfolgen. Dabei geht es vor allem auch um die Veränderung von nicht nachhaltigen Konsum- und Produktionsmustern weltweit. Industrieländer müssen hierbei als Vorbilder voran gehen. Entwicklungs- wie auch Schwellenländer sollen unterstützt werden, bei künftigem Wachstum auf umweltverträgliche Technologien zu setzen.

3.Transform Economies for Jobs and Inclusive Growth: Es soll nicht mehr auf „Wachstum um jeden Preis“ gesetzt werden, stattdessen sollen mehr und gute Arbeitsplätze, insbesondere für Jugendliche entstehen. (Bis 2030 werden voraussichtlich 470 Mio. Menschen zusätzlich auf den Arbeitsmarkt kommen, vor allem in Afrika und Südasien, wo informelle Beschäftigung zu niedrigsten Löhnen weit verbreitet ist). Neue Technologien, Diversifizierung, eine bessere Infrastruktur und ein förderliches Umfeld für unternehmerische Aktivitäten auf nationaler wie auf internationaler Ebene sollen diese Veränderung herbeiführen.

4. Build Peace and effective, open and accountable Institutions: Freiheit von Gewalt und Konflikt ist grundlegendes Menschenrecht und unabdingbares Fundament für jede Art von Wohlstand. Eine ebenso fundamentale Rolle haben auch gute Regierungsführung, Zugang zu Justiz, Freiheit vor Diskriminierung und Verfolgung sowie politische Partizipation.

5. Forge a new global Partnership: eine neue globale Partnerschaft mit einer gemeinsamen Wertegrundlage und einer Kooperation auf Augenhöhe, die von dem Bewusstsein geprägt ist, dass eine langfristige Sicherung von Wohlstand nur möglich ist, wenn auch die Zukunftsperspektiven anderer Länder – das globale Gemeinwohl – berücksichtigt werden und gemeinsam Verantwortung für „Global Public Goods“, wie z.B. für ein faires und offenes Handelssystem, für eine krisensichere globale Finanzstruktur sowie für Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels übernommen werden.

Der Unterschied zwischen den bestehenden MDGs und der durch das Panel vorgeschlagenen Post-2015 Agenda sind die neuen grundlegenden Qualitäten:

  • Universalität der globalen Post-2015 Agenda, d. h. alle Länder tragen Verantwortungen und müssen einen Beitrag leisten.

  • Globale Partnerschaft als gleichberechtigte Partner, mit gemeinsamer Wertebasis und struktureller Transformation als neuem Paradigma, um den wachsenden globalen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen Akteuren und Sektoren Rechnung zu tragen (Nexus).

  • Erstmals Aufnahme von globalen förderlichen Rahmenbedingungen wie Finanzsystemstabilisierung und Klimawandel sowie Frieden und Sicherheit.

Genauere Informationen über die Post-2015-Agenda und einen sehr guten Kurzfilm findet Ihr unter anderem auf www.forumZFD.de

Mechthild Klingenburg-Vogel, Kiel

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Ansprechpartnerin

Angelika Wilmen

Angelika Wilmen
Referentin für Friedenspolitik
Tel. 030 / 698074 - 13
Email: wilmen[at]ippnw.de

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