New York - Endlich: Eine Tagesordnung wurde vereinbart! Unendlich: Die Arbeitsgremien können nicht starten, solange sich die Unterhändler weiterhin nicht auf die Anzahl der Unterausschüsse und den darin zu diskutierenden Punkten einigen können.
Die Agenda kam nach langem diplomatischen Tauziehen zustande, nachdem das Anliegen Ägyptens, das Thema einer atomwaffenfreien Zone auf die Tagesordnung zu bringen, berücksichtigt wurde. Es erscheint als Fußnote mit Hinweis auf frühere Konferenzen. Außerdem wurde vereinbart, dass alle Vertragsparteien über sämtliche in vorangegangenen Konferenzen bereits erreichten Ergebnisse diskutieren können. Die Gruppe der sogenannten blockfreien Staaten (NAM) erinnerten sogleich an die Ergebnisse der Konferenzen in 1995 und 2000, z.B. an die sog. 13 Schritte, die unter anderem Atomwaffenstaaten zur Aufnahme von Verhandlungen zur nuklearen Abrüstung verpflichten. Die USA allerdings haben diese 13 Schritte für obsolet erklärt und verweisen auf die veränderte Sicherheitslage seit dem 11. September 2001 die angeblich die Beibehaltung eines atomaren Arsenals erforderlich macht.
Nachdem annähernd zwei Wochen damit zugebracht wurden, eine Tagesordnung zu erstellen und die letzte Woche der Konferenz mit Verhandlungen über ein Schlussdokument benötigt werden wird, bleibt nur sehr wenig Zeit, die eigentlichen Inhalte dieser Überprüfungskonferenz zu erörtern. Offen bleibt dabei, ob die 188 Vertragsstaaten den Zielen des Vertrages, die Weiterverbreitung zu verhindern und gleichzeitig bestehende Atomwaffen abzuschaffen, näher kommen werden. Oder ob sie hinter die in den vergangenen Überprüfungskonferenzen erzielten Ergebnisse zurückfallen werden.
Wesentlich effektiver, produktiver und konzentrierter geht es bei den Nichtregierungsorganisationen zu: Deren traditionelle Präsentationen vor den versammelten Diplomaten fanden bei letzteren große Aufmerksamkeit. Während sich der Saal während der Reden der Botschafter der Vertragsparteien in der großen Generalversammlung in der ersten Woche der Konferenz zunehmend leerte, ergab sich am Mittwoch zwischen drei und sechs Uhr nachmittags ein anderes Bild: Fast jeder Platz des Konferenzraumes war besetzt, hinter nahezu allen Namenschildern der Vertragsparteien saßen mehrere Delegierte. Die Besuchergalerie war von Journalisten und NGO-Vertretern überfüllt, die den äußerst substantiellen Ausführungen der NGO-Präsentatoren folgten.
Diese Reden waren in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder zwischen verschiedenen NGOs entworfen, verworfen, korrigiert und redigiert worden, bis zum Schluss die Essenz des weltweiten Expertenwissens der Nichtregierungsorganisationen vorgestellt werden konnte.
Xanthe Hall von der deutschen Sektion der IPPNW eröffnete die Sitzung mit einer Liste von sieben Argumenten für die Abschaffung von Atomwaffen. Den Diplomaten wurde dabei vorgeführt, dass nicht prozedurale Detailfragen Menschen bewegen, sondern so einfache Feststellungen wie die Tatsache, dass nach wie vor über 4000 Atomwaffen in den USA und Russland unter höchster Alarmbereitschaft stehen und aus Versehen oder durch menschliche Fehlleistungen gestartet werden könnten. Felix Fellmer von der Heidelberger Aktion Völkerrecht gab den Delegierten am Ende der Präsentationen vier Empfehlungen für eine erfolgreiche Konferenz mit auf den Weg.
1. Auf keinen Fall sollten die Ergebnisse dieser Überprüfungskonferenz hinter bereits erzielte Erfolge aus den vorangegangenen sechs Konferenzen fallen. Bereits gemachte Verpflichtungen sollen eingehalten werden.
2. Um einen Missbrauch der friedlichen Nutzung von Atomenergie zu vermeiden, sollte ganz auf sie verzichtet werden und statt dessen verstärkt auf erneuerbare Energien gesetzt werden. Schon jetzt könnte ein Moratorium zur Urananreicherung und Wiederaufarbeitung verabschiedet werden, um die Risiken der Verbreitung von Atomwaffen zu reduzieren.
3. Die einzelnen Staaten sollen mit gutem Beispiel vorangehen und eigene Bemühungen für die Verhinderung des Atomkrieges unternehmen.
4. Eine nukleare Waffenkonvention soll verabschiedet werden, die konkret regelt, wie und wann bestehende Atomwaffen beseitigt werden können.
Bleibt zu hoffen, dass sich die versammelten Delegierten diese Empfehlungen zu Herzen nehmen und sich in den verbleibenden Wochen der Konferenz von dem reichhaltigen Fundus der NGOs in ihrem Bemühen, die nukleare Bedrohung zu bannen, inspirieren lassen.
Hier findet man u.a. die Präsentationen der NGOs: www.un.org/events/npt2005/statements.html
Jörg Welke
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