09.04.2008 Nach einem regional begrenzten nuklearen Schlagabtausch mit 100 Atomwaffen der Stärke der Hiroshima-Bombe würde die mittlere Temperatur auf der Erdatmosphäre um 1.25 ºC sinken. Das hätte globale Ernteverluste und Hungersnöte zur Folge. Dieses bereits seit 2007 bekannte Szenario wurde durch eine jüngst veröffentlichte US-Studie vom Labor für Atmosphären- und Weltraumphysik der Universität von Colorado präzisiert.
Der Atmosphärenwissenschaftler Michael Mills und seine Kollegen stellten fest, dass ein regionaler nuklearer Schlagabtausch zu einem massiven globalen Ozon-Verlust in den höheren Luftschichten und damit zu einem fast weltweiten Ozonloch führen würde.Ira Helfand, Arzt und Vorstandsmitglied der US-Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW): »Durch die globale Abkühlung würde sich die Anbausaison in vielen der weltweit bedeutendsten Getreideanbaugebiete um zehn bis zwanzig Tage verkürzen. Die fehlende Zeit für die Reifung unter geeigneten klimatischen Bedingungen könnte zu einem totalen Ernteverlust führen. Die Lebensmittelproduktion würde durch den Anstieg der UV-Strahlung, den eine Ausweitung des Ozonlochs zur Folge haben würde, zurückgehen. Außerdem müssten bedeutende Getreideanbaugebiete durch radioaktive Verseuchung von der Produktion ausgeschlossen werden.«»Zur Zeit leiden 800 Milionen Menschen weltweit an chronischer Unterernährung und einige hundert Millionen mehr leben in Ländern, die abhängig von Getreideimporten sind. Selbst ein geringfügiger plötzlicher Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion könnte signifikante Preisanstiege für Basislebensmittel nach sich ziehen und weltweite Hortungskäufe auslösen. In beiden Fällen würden Lebensmittel für arme Menschen weltweit zu unerreichbaren Gütern werden. Obwohl es nicht möglich ist, die präzisen Ausmaße einer durch einen Atomkrieg ausgelösten globalen Hungersnot abzuschätzen, erscheint es gerechtfertigt, allein die Zahl der zu erwartenden weltweiten Todesopfer durch Hungersnöte bei einer Größenordnung von einer Milliarde anzusiedeln. Hungersnöte dieser Größenordnung würden zudem zu großen Epidemien und der Ausbreitung von Infektionskrankheiten führen. Diese Entwicklungen wiederum bergen ein immenses Potential für die Auslösung von Kriegen und Bürgerkriegen.« Die Studien der Atmosphärenwissenschaftler zeigen, dass selbst »kleine« Atomkriege große globale Auswirkungen haben werden. Die IPPNW fordert daher stärkere Abrüstungsbemühungen von den Atomwaffenstaaten sowie die Wiederaufnahme der internationalen Verhandlungen über die Abschaffung aller Atomwaffen.
Die jüngste Studie über den Ozonverlust nach einem regionalen Atomkrieg:
http://lasp.colorado.edu/aerosol/mills.php (unter Selected Publications)
Pressekontakt: Sven Hessmann, Tel.: 030 - 69 80 74 14, E-Mail: hessmann[at]ippnw.de
zurück