Bericht

Keine Einigung auf der Atomkonferenz in Sicht

Verhandlungen entwickeln sich negativ

Berlin/New York - Auf der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags zeichnet sich bislang keine Einigung über ein von allen getragenes Schlussdokument ab. Das ist keine große Überraschung unter den heutigen politischen Umständen und angesichts einer fehlenden Strategie jener Staaten, die das Nichtverbreitungssystem beibehalten wollen. Ein konstruktives Ergebnis könnte nur entstehen, wenn die Regierungen das Nichtverbreitungssystem für so wichtig halten würden, dass sie sich darauf einigen könnten, alle verbreitungsfördernden Optionen (d.h. Atomtests, neue und fortgeführte Atomwaffenprogramme, Wiederaufarbeitung, Urananreicherung usw.) zu stoppen. Hinter allen rhetorischen und verfahrenstechnischen Spielereien auf dieser Konferenz verbirgt sich eine unverträgliche Tatsache: Das Privileg auf diesen Optionen zu verteidigen ist wichtiger als Menschenleben zu schützen.

Im Ausschuss blockiert
Gestern endete der Ausschuss II (Sicherheitskontrollen und regionale Fragen) ohne einen Text. Heute erlebte der Ausschuss III (Atomenergie und Kündigung des Vertrags) das gleiche Schicksal. Der Ausschuss I (Nukleare Abrüstung) hat zwar einen Text an den Ausschuss für den Entwurf eines Schlussdokuments (SDA) weitergeleitet, allerdings enthielt er keine Einigung zu den meisten inhaltlichen Punkten.

Dieser Schlamassel bedeutet, dass der Auftrag des SDA - die Texte zusammenzutragen und zu redigieren -, alleine mit dem Text des Ausschuss I keinen Sinn mehr macht. Nunmehr ist die Konferenzstimmung so tief gesunken, dass es sogar im SDA zu kriseln begann. Die heiß erkämpfte Entscheidung über die Tagesordnung vom zehnten Verhandlungstag wurde wieder in Frage gestellt. Großbritannien blockierte einen Beschluss, der auf diese Entscheidung Bezug nehmen wollte. Darauf hin wurden die blockfreien Staaten ärgerlich und die Stimmung explosiv. Uns wurde das von einem “empörten” Botschafter erzählt, der auf Großbritannien so sauer war, dass er auf der Stelle den Saal verließ.

Diese Geschichte beleuchtet die Dynamik dieser Konferenz in zwei Punkten: Erstens, wie berechnend solche verfahrenstechnische Einsprüche ausgenützt werden, um politische Strategien zu verbergen. Und zweitens, die ungewöhnliche Position Großbritanniens, das immer noch als Sprecher der im Kalten Krieg entstandenen “westlichen Gruppe” agiert, was für viele als längst überholt gilt. Letztendlich vertritt GB damit die US-Position.

Ähnliche Probleme tauchen auch bei den Verhandlungen der Atomwaffenstaaten (P5) auf. Bisher haben die P5 keine Einigung erzielt, hauptsächlich weil der Aufruf für das Inkrafttreten des Atomteststoppvertrages von den USA blockiert wurde. Alle P5-Staaten haben den Vertrag unterzeichnet aber nur drei haben ihn bislang ratifiziert. Großbritannien war der erste Staat, der bereit war, den Atomteststoppvertrag fallen zu lassen, um eine gemeinsame Erklärung zustande zu bringen. Was würde eine solche Erklärung ohne den Teststoppvertrag bedeuten? Sie würde zu spät kommen, um den Atomwaffensperrvertrag jetzt noch zu retten. Stattdessen wird die Aussage folgende sein:
1.) die Sicherheitsinteressen und Ziele der atomwaffenfreien Staaten kümmern nicht, da sie keine Atomwaffen besitzen, und
2.) internationale Verträge und das Völkerrecht sind nur nützlich, wenn sie andere unter Kontrolle halten. Als eine Großmacht ist es in Ordnung, an einem Tag Abkommen zu verhandeln und zu unterzeichnen und am nächsten Tag seine Meinung zu ändern und sie abzulehnen (außer man ist Nordkorea oder desgleichen).

Das sind keine guten Erkenntnisse für eine Welt, die mit so ernsthaften atomaren Problemen konfrontiert ist.

Aus dem Bericht von Rebecca Johnson, Acronym Institute (übersetzt von Xanthe Hall)

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