Bündnispressemitteilung vom 19.11.2024

Keine Zusammenarbeit mit Rosatom

Erörterungstermin zum Ausbau der Brennelementefabrik Lingen am 20.11.

Zum morgigen Auftakt des Erörterungstermins zum beantragten Ausbau der Brennelementefabrik Lingen veranstalten Anti-Atomkraft-Organisationen vor dem Tagungsort in den Emslandhallen, Lindenstr. 24a, in Lingen ab 8.30 Uhr eine Mahnwache und um 9 Uhr eine Protestaktion. Ab 10 Uhr werden dann in den Emslandhallen unter Leitung des niedersächsischen Umweltministeriums die mehr als 11 000 Einwendungen gegen das Vorhaben des französischen Atomkonzerns Framatome verhandelt, zusammen mit dem Kreml-Konzern Rosatom Brennelemente russischer Bauart für Osteuropa zu fertigen. Das Umweltministerium hat bis zu drei Tage Verhandlungsdauer angesetzt.

Hierzu erklärt Alexander Vent vom Bündnis AgiEL – Atomkraftgegner*innen im Emsland: „Die Brennelementefabrik Lingen darf nicht zum nuklearen Vorposten des Kreml in Westeuropa werden. Auch viele Bürger*innen in Lingen machen sich diesbezüglich Sorgen. Schon die heimlichen Schulungen von Framatome-Mitarbeiter*innen im Frühjahr haben Rosatom und damit der russischen Regierung direkten und persönlichen Zugang in Lingen verschafft. Die Passivität der deutschen Sicherheitsbehörden in diesem Zusammenhang ist fatal. Auch deshalb ist der jetzige Erörterungstermin so wichtig.“

Dr. Angelika Claußen von der atomkritischen Ärzt*innenorganisation IPPNW erklärt: „Rosatom spielt als russische Atombehörde auch für das russische Militär eine wichtige Rolle. Der Großkonzern verwaltet und verantwortet die Einsatzfähigkeit der Atomwaffen, ist als Besatzer des Atomkraftwerks Saporischschja am Ukraine-Krieg beteiligt und mit der Entwicklung des atomaren Marschflugkörpers Burevestnik beauftragt, von dem sich Russland einen strategischen Rüstungsvorteil gegenüber dem Westen verspricht. 2019 starben fünf Rosatom-Mitarbeiter bei einem Test dieser neuartigen Waffe. Während Putin mit dem Einsatz von Atomwaffen droht und weitere Waffen mit nuklearen Komponenten entwickeln lässt, lädt Framatome den verantwortlichen Konzern in Lingen als Produktionspartner für Brennelemente für überalterte Atomkraftwerke in Osteuropa ein! Das ist völlig inakzeptabel und muss von der Bundesregierung zurückgewiesen werden.“

Bettina Ackermann von der bundesweiten Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt ergänzt: „Ein Einstieg Rosatoms in die Brennelementefertigung in Lingen gefährdet die innere und äußere Sicherheit Deutschlands. Er öffnet Tür und Tor für gefährliche Manipulationen und gibt dem Kreml neue Druckmittel in die Hand. Durch die Zusammenarbeit mit Framatome/ANF könnte Rosatom zudem zukünftige EU-Sanktionen umgehen. Das Projekt ist schlicht verantwortungslos. Bundes- und Landesregierung müssen diesen Irrsinn jetzt stoppen und die beantragte Genehmigung verweigern.“

Matthias Eickhoff
vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen erklärt:„Die weitere Nutzung der Atomenergie ist für Framatome als einem der führenden westeuropäischen Atomkonzerne anscheinend nur noch als Juniorpartner von Rosatom denkbar. Die Atomenergie ist eine Sackgasse. Wir fordern eine Abkehr von diesem gefährlichen atomaren Irrweg und stattdessen die massive Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien, um für die EU eine nachhaltige, zukunftsfähige und unabhängige Energieversorgung sicherzustellen.“

Hintergrund:

Der Atomkonzern Framatome will in Lingen in Lizenz und unter Mitwirkung des russischen Staatskonzerns Rosatom künftig auch Brennelemente für Reaktoren russischer Bauart in Osteuropa produzieren. Framatome hat dazu mit der Rosatom-Tochter TVEL ein Joint Venture in Frankreich gegründet. Bereits im Frühjahr waren Rosatom-Mitarbeiter mehrere Wochen lang unkontrolliert in Lingen tätig, um mit einer bislang unbekannten Anzahl von Framatome-Mitarbeitern in täglichem, persönlichem Kontakt in einer ehemaligen Möbelfabrik die Anlagen zur Herstellung der „russischen“ Brennelemente aufzubauen und dann die Framatome-Mitarbeiter daran zu schulen. Die deutschen Sicherheitsbehörden haben hier tatenlos zugeschaut.

Rosatom ist direkt dem Kreml unterstellt und unter anderem im von Russland militärisch besetzten ukrainischen AKW Saporischschja aktiv am Krieg gegen die Ukraine beteiligt. Zu den gravierenden Sicherheitsproblemen, die ein Einstieg der russischen Regierung in die Brennelementefertigung in Lingen mit sich bringt, verliert Framatome bislang kein Wort. Nicht berücksichtigt werden auch Erkenntnisse der Bundesregierung und der deutschen Geheimdienste, die beständig vor der wachsenden Gefahr russischer Spionage und Sabotage warnen. Die Bundesregierung wollte 2022 die Genehmigung des zunächst in Deutschland geplanten Gemeinschafts¬unternehmens mit Rosatom verweigern, hält die Gründe dafür aber bis heute geheim.

Weitere Informationen:
Vorläufige Tagesordnung des Erörterungstermins vom Umweltministerium
Einwendung der IPPNW

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