Pressemitteilung vom 17. Mai 2023

Asyl ist ein Menschenrecht

Appell von über 60 Organisationen an die Bundesregierung zur Reform des europäischen Asylsystems

In einem gemeinsamen Appell kritisieren mehr als 60 Organisationen die Bundesregierung für ihre Position zur Reform des europäischen Asylsystems. Im Vorfeld des Treffens der EU-Innenminister*innen am 8. Juni 2023 appellieren die Organisationen an Innenministerin Nancy Faeser und die Bundesregierung, ihrer völkerrechtlichen und humanitären Verantwortung gerecht zu werden und ihren eigenen Koalitionsvertrag ernst zu nehmen. In diesem kündigt die Ampel-Koalition einen „Neuanfang in der Migrations- und Integrationspolitik“ mit besseren Standards für Asylverfahren an. Am Bündnis beteiligt sind unter anderem die Organisationen terre des hommes, MSF, AWO, Caritas, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Brot für die Welt, Amnesty International, PRO ASYL sowie die ärztliche Friedensorganisationen IPPNW.

Die unterzeichnenden Organisationen zeigten sich irritiert über die Position der Bundesregierung zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). „Anstatt sich dem Trend der Entwertung europäischer Grund- und Menschenrechte und der Erosion rechtsstaatlicher Grundsätze entschieden entgegenzustellen, signalisiert die Regierung mit ihrer Position die Bereitschaft, diesen Weg, um jeden Preis mitzugehen“, heißt es in dem Appell.

Durch die beabsichtigte Zustimmung der Regierung zu verpflichtenden Grenzverfahren sei zu erwarten, dass Standards bei der Prüfung von Schutzgesuchen in der EU stark abgesenkt würden und keine fairen Verfahren mehr möglich wären. Das IPPNW-Vorstandsmitglied Dr. med. Carlotta Conrad kritisiert das scharf: „Die geplanten, verpflichtenden Grenzverfahren sind Schnellverfahren, die mit rechtstaatlichen Prinzipien unvereinbar sind. Sie verfolgen das Ziel, möglichst viele Schutzsuchende abzuweisen. Sie brechen zudem mit grundlegenden Versprechen aus dem Koalitionsvertrag. Darin hieß es, es sollten bessere Standards im Asylverfahren eingeführt und eine inhaltliche Prüfung von Asylanträgen gewährleistet werden. Das Leid an den Außengrenzen zu beenden galt als wichtiges Ziel. Die humanitäre Lage wird sich mit dem neuen Verfahren, vor allem durch die Festsetzung der Schutzsuchenden in geschlossenen Haftzentren an den Grenzen, absehbar weiter verschlechtern.“

Zudem fordert der Appell die Bundesregierung dazu auf, die Absenkung der Anforderungen an sogenannte "sichere Drittstaaten" nicht zu unterstützen. Damit breche sie ihr Versprechen, jedes Asylgesuch inhaltlich zu prüfen. „Asylanträge könnten so pauschal als unzulässig abgelehnt und Schutzsuchende ohne inhaltliche Prüfung ihres Schutzbegehrens in einen Drittstaat abgeschoben werden“, heißt es in dem Appell.

Die an dem Appell beteiligten Organisationen befürchten, dass die aktuellen Reformvorschläge der Bundesregierung die bereits existierenden Probleme des europäischen Asylsystems weiter verschärfen. Angesichts dessen fordern sie die Bundesregierung dazu auf, sich gegen eine Weiterführung des gescheiterten Dublin-Systems auszusprechen. Im bestehenden System bliebe die Durchführung von Asylverfahren „weitgehend bei den Außengrenzstaaten, was schon jetzt zu ihrer Überlastung, der Nichtanwendung von bestehenden Regelungen und zu starken Verzögerungen beim Zugang zum Schutz, sowie gravierenden Menschenrechtsverletzungen führt.“

Der Umgang mit den ukrainischen Geflüchteten seit dem letzten Jahr zeige aber, dass eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik möglich sei, erklärt das IPPNW-Vorstandsmitglied Carlotta Conrad. „Die positive Erfahrung mit der vereinfachten Aufnahme ukrainischen Geflüchteter könnte ein Wegweiser für einen modernen Flüchtlingsschutz sein – etwa bezüglich Unterbringung, Arbeitserlaubnis und dem Zugang zur Gesundheitsfürsorge.“

 

Weitere Informationen:
Der Appell in voller Länge: ippnw.de/commonFiles/pdfs/Soziale_Verantwortung/Gemeinsames_Statement_GEAS_05.06.2023.pdf
Ampel-Regierung beugt sich rechtspopulistischen Strömungen in Deutschland und EU (IPPNW-Pressemitteilung): https://www.ippnw.de/startseite/artikel/de/ampel-regierung-beugt-sich-rechtspop.html
Menschenrechte verschwinden (Pro-Asyl Aktion): https://aktion.proasyl.de/menschenrechte-verschwinden/?utm_source=websiteheader

Kontakt:
Lara-Marie Krauße, IPPNW-Pressesprecherin, Tel. 0163 4871 264, Email: krausse[at]ippnw.de
Frederic Jage-Bowler, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel. 030 / 69 80 74 15, Email: jage.bowler[at]ippnw.de

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Ansprechpartnerinnen

 

Anne Jurema
Referentin "Soziale Verantwortung"
Tel. 030/698074 - 17
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Referentin für Klimagerechtigkeit und Global Health
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