IPPNW-Pressemitteilung vom 2. Januar 2023

Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!

Appell von 61 Organisationen

02.01.2023 Ab dem 1. Januar 2023 erhalten materiell bedürftige Menschen in Deutschland das so genannte „Bürgergeld“ – anstelle der bisherigen „Hartz IV“-Leistungen. Geflüchtete bleiben jedoch vom Bürgergeld ausgeschlossen, das laut Gesetz das menschenwürdige Existenzminimum sicherstellen soll. Zusammen mit 61 Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Anwält*innenverbänden fordert die IPPNW in einem gemeinsamen Appell gleiche Standards für alle.

Statt des regulären Sozialrechts gilt für Asylsuchende und Personen mit Duldungsstatus weiterhin das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Sätze weit unter dem Existenzminimum und entmündigende Sach- statt Geldleistungen sind die Regel. „Es kann nicht zweierlei Maß für die Menschenwürde geben. Wir fordern das gleiche Recht auf Sozialleistungen für alle in Deutschland lebende Menschen, ohne diskriminierende Unterschiede. Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem einbezogen werden,“ heißt es in dem Appell.

Dazu zählt auch die Einbeziehung geflüchteter Menschen in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (SGB V/XI). Dabei müsse sichergestellt sein, dass auch Menschen ohne Papiere jederzeit ohne Angst vor Abschiebung Zugang zum Gesundheitssystem haben. Auch müsse ein Anspruch auf Sprachmittlung bei Inanspruchnahme von Leistungen im Gesundheitswesen verankert werden.

„Die Gesundheitsversorgung ist ein unabdingbares Menschenrecht und verlangt wie das Recht auf Sozialleistungen einen ungehinderten Zugang zu einer gleichen Regelversorgung für alle Menschen. Geflüchtete aller Herkunftsländer dürfen nicht durch eine unterschiedliche Versorgung von dieser Versorgung ausgeschlossen werden," erklärt IPPNW-Vorstandsmitglied Robin Maitra. Deutschland habe bei der Versorgung Geflüchteter aus der Ukraine gezeigt, dass die gesundheitliche und soziale Versorgung in einem Regelsystem möglich und machbar wei. Diese Gleichheit müsse für Geflüchtete aller Herkunftsländer gelten.

Schon vor 10 Jahren hat das Bundesverfassungsgericht in einem wegweisenden Urteil bestätigt, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums für alle Menschen in Deutschland gilt und Sozialleistungen nicht zur Abschreckung Asylsuchender eingesetzt werden dürfen. „Die in Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ (Beschluss vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10). Auch Sanktionen des Asylbewerberleistungsgesetzes sind laut Gerichtsurteil nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

„Das Asylbewerberleistungsgesetz verstößt damit gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das Grundrecht auf Gleichheit, das Sozialstaatsgebot (Art. 1, 3, 20 GG), das Grundrecht auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG), die UN-Kinderrechtskonvention und den UN-Sozialpakt,“ schreiben die Unterzeichnenden. Sie mahnen die Bundesregierung, endlich die doppelten Standards im Sozialleistungsrecht aufzugeben und mit ihren menschenrechtlichen Versprechungen wahr zu machen.  

Sie finden den Appell unter www.proasyl.de/wp-content/uploads/Appell-gegen-AsylbLG_Jan-2023-2.pdf

Kontakt: Angelika Wilmen, IPPNW, Tel. 030 698074-13, Email: wilmen@ippnw.de





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Ansprechpartnerinnen

 

Anne Jurema
Referentin "Soziale Verantwortung"
Tel. 030/698074 - 17
Email: jurema[at]ippnw.de



Laura Wunder
Referentin für Klimagerechtigkeit und Global Health
Tel. 030 / 698074 - 19
Email: wunder[at]ippnw.de

Materialien

 

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Globale Impfgerechtigkeit: Warum der Globale Norden versagt hat und worauf es ankommt
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Globale Gesundheitspolitik – für alle Menschen an jedem Ort
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IPPNW-Report: Gesundheitliche Folgen von Abschiebungen
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