Deutschland vor dem UN-Ausschuss Antirassismus
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW und 21 weitere Organisationen kritisieren die Bundesregierung für mangelnde Anstrengungen im Kampf gegen den Rassismus. Zur Tagung des UN-Ausschusses zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung stellen die Organisation fest, dass in Deutschland kein hinreichender Schutz vor rassistischer Diskriminierung besteht. Auch im Gesundheitsbereich kommt es zu systematischer Benachteiligung.
Vom 22. bis 24. November 2023 tagt der UN-Ausschuss zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung (ICERD) in Genf. Die Sachverständigen werden sich dort auch mit dem Staatenbericht der Bundesregierung zum Thema Rassismus beschäftigen. Vorab konnten zivilgesellschaftliche Organisationen Parallelberichte einreichen, um die Themensetzung und die Bemerkungen des zuständigen UN-Ausschusses zu beeinflussen. Der unter der Federführung der Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation entstandene und von 21 weiteren Organisationen getragene Parallelbericht liegt nun vor. Die IPPNW brachte ihre Expertise in Form eines Kapitels zu „Diskriminierung im Gesundheitswesen“ ein.
Der Bericht moniert, dass die Bundesregierung in ihrem Staatenbericht zentrale Aspekte rassistischer Diskriminierung nicht berücksichtigt, etwa durch die fehlende Einbeziehung der Stimmen von Schutzwürdigen Gruppen im Sinne des ICERD. Der Parallelbericht lässt durch Rassismus betroffene Personen selbst zu Wort kommen. Zudem habe es die Bundesregierung sträflich versäumt, den institutionellen Rassismus (vgl. die internationale anerkannte „MacPherson“-Definition) in allen verantwortlichen Institutionen zu untersuchen und zu bekämpfen. Im Parallelbericht werden dazu umfangreiche Vorschläge und Forderungen aufgestellt.
Der Parallelbericht kritisiert zudem die systematische Diskriminierung im Gesundheitswesen. Insbesondere Geflüchtete und Migrant*innen seien von angemessener medizinischer Versorgung ausgeschlossen. Neben der Diskriminierung durch Gesundheitsfachkräfte und Sprachbarrieren sind es auch gesetzliche Bestimmungen, die diesen Zugang behindern und die Gesundheit gefährden. Die Rechtsansprüche auf gesundheitliche Versorgung im Asylbewerberleistungsgesetz liegen deutlich unter dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung.
„Nach den jüngsten Beschlüssen von Bund und Ländern sollen diese Einschränkungen nun statt 18 Monaten sogar drei Jahre gelten“, so Dr. Carlotta Conrad, Vorstandsmitglied der IPPNW. „Die so genannte Fortschrittskoalition macht hier Rückschritte in Sachen Menschenrechten und Schutz vor Diskriminierung. Die Gesetzeslage verletzt sowohl den ärztlichen Grundsatz der medizinischen Gleichbehandlung aller Menschen als auch Artikel 1 des Grundgesetztes.“
Die Bundesregierung wurde in der Vergangenheit bereits von der UN dafür gerügt, dass Deutschland Asylsuchenden das Recht auf Gesundheitsversorgung verwehrt.
Kontakt:
Frederic Jage-Bowler (Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit), jagebowler[at]ippnw.de, +49 30 69807415
Weitere Informationen:
Parallelbericht an den UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (ICERD) in voller Länge: http://ippnw.de/commonFiles/pdfs/Soziale_Verantwortung/Parallelbericht_ICERD.pdf
Eine Kurzfassung gibt es hier: http://ippnw.de/commonFiles/pdfs/Soziale_Verantwortung/Parallelbericht-Kurzfassung.pdf
Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation: https://sozialemenschenrechtsstiftung.org/