IPPNW-Pressemitteilung vom 04.12.2018

IPPNW fordert Schutz und Sicherheit für erkrankte und schwangere Geflüchtete

Innenministerkonferenz

04.12.2018 Die Ärzteorganisation IPPNW appelliert an die Innenministerkonferenz, die Abschiebungen von kranken, traumatisierten oder schwangeren Geflüchteten umgehend zu stoppen. Abschiebungen lebensbedrohlich oder schwerwiegend erkrankter Geflüchteter sind mit den Menschenrechten nicht vereinbar. Abschiebungen aus der stationären Behandlung verstoßen aus Sicht des Deutschen Ärztetages zudem gegen die deutsche Gesetzgebung, da stationär behandlungsbedürftige Geflüchtete nicht reisefähig sind. Das hat der Deutsche Ärztetag im Jahr 2017 eindeutig festgestellt.

"Als Ärztinnen und Ärzte sind wir äußerst besorgt über wiederholte Gesundheitsgefährdungen durch Abschiebemaßnahmen. Allein im letzten Halbjahr wurden zahlreiche gravierende Fälle in Bayern bekannt", schreibt IPPNW-Mitglied Dr. Thomas Nowotny in einem Offenen Brief an den bayrischen Ministerpräsident Markus Söder.

Mitte Mai dieses Jahres sei beispielsweise eine 21-jährige Hochschwangere aus Sierra Leone wegen angeblicher Fluchtgefahr in Abschiebehaft genommen worden. Sie lebte mit ihrem Lebensgefährten und dem gemeinsamen fünfjährigen Sohn in einer Asylunterkunft bei Deggendorf, ihr Sohn wurde vom Jugendamt in Obhut genommen. Der Lebensgefährte durfte hierbleiben, da bei ihm die Dublin-Frist verstrichen war. Am 30. Mai und damit zwei Tage vor Beginn des Mutterschutzes sollte sie zusammen mit ihrem Sohn nach Italien geflogen werden, wo ihnen die Obdachlosigkeit drohte. Viele Unterstützende protestierten am Münchner Flughafen dagegen, und die junge Frau wehrte sich heftig gegen die Abschiebung, die daraufhin abgebrochen wurde.

Im Juni 2018 sollte eine 24-jährige Lehrerin aus Zentralasien ebenfalls kurz vor Beginn des Mutterschutzes abgeschoben werden. Wegen ihrer Risikoschwangerschaft musste sie zuvor mehrfach stationär behandelt werden. Durch den Polizeieinsatz wurde die zuvor psychisch stabile Frau so schwer traumatisiert, dass sie die letzten vier Wochen der Schwangerschaft kaum schlafen konnte und unter massivem Stress stand. Das Baby kam schließlich mit sehr niedrigem Geburtsgewicht und einer Anpassungsstörung zur Welt.

Auch aus Mainz wurde Mitte Oktober eine gravierende Gesundheitsgefährdung bekannt. Eine schwangere, zuckerkranke Iranerin, die zur Behandlung in der Mainzer Uniklinik war, sollte abgeschoben werden. Mit großem Polizeiaufgebot wurde sie mitten in der Nacht aus dem Krankenbett geholt. Erst einen Tag zuvor war sie mit insulinpflichtigem Diabetes wegen hochproblematischer Zuckerwerte in der Frühschwangerschaft stationär aufgenommen worden. IPPNW-Ärztin Christa Blum konnte mit der Frau sprechen: Ihr seien beim gewaltsamen Einsteigen ins Flugzeug in Hannover blaue Flecken zugefügt worden. Als die Abschiebung schließlich abgebrochen wurde, habe man sie nicht zurück ins Krankenhaus gebracht. Die Iranerin sei im Pyjama und mit Flipflops am Bahnhof in Hannover abgesetzt worden. Von dort aus sollte sie eigenständig mit ihrem einjährigen Sohn zurück in die Flüchtlingsunterkunft nach Rheinland-Pfalz fahren.

Kontakt: Angelika Wilmen, Pressesprecherin der IPPNW, Tel. 030-69 80 74-15, Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, Email: wilmen@ippnw.de, www.ippnw.de

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Ansprechpartnerin

 

Anne Jurema
Referentin "Soziale Verantwortung"
Tel. 030/698074 - 17
Email: jurema[at]ippnw.de

Materialien

Empfehlungen für heilberuflich Tätige in Abschiebesituationen
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IPPNW-Report: Gesundheitliche Folgen von Abschiebungen
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IPPNW-Forum 164: „Mitwirkung bei Abschiebungen: Ärzt*innen zwischen Gesetzen und Ethik“
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Dokumentation: Best Practice for Young Refugees. Ergebnisse und Beiträge einer internationalen Fachkonferenz  
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