5.-11. August 2018

Gesundheit zwischen Ethik und Profit

Global Health Summer School

10.07.2018 Wir leben in einer Welt in der von Deutschland bis Brasilien fast alle Bereiche unseres Lebens und damit auch unsere Gesundheit profitorientiert organisiert sind. Die Art wie wir Kinder kriegen wird mehr und mehr von ökonomischen als von medizinischen Faktoren beeinflusst, ältere Menschen müssen über eine Stunde warten um eine neue Windel zu bekommen, weil nicht genügend Pflegekräfte eingestellt sind und die Pharmaindustrie bewirbt weltweit Opiate ohne auf die Risiken aufmerksam zu machen und treibt damit tausende von Menschen in die Abhängigkeit.

Wenn es um Gesundheit geht stehen sich in unserer globalisierten, kapitalistischen Welt Ethik und Profit oftmals gegenüber. Wie eine U.S. amerikanische Studie von Januar 2017 zeigt, wissen die Menschen sehr wohl um diesen Widerspruch: Nur 9% der Befragten glaubten, dass den Pharma- oder Biotechnikunternehmen Patient*innen wichtiger sind als der Profit und nur 16% glauben dies in Bezug auf (private) Krankenversicherungen. Die Tatsache, das Unternehmen den Profit und nicht die Menschen im Sinn haben, lässt sich leicht auf weitere gesundheitsrelevante Bereiche übertragen, wie Wasser-, Nahrungsmittel- oder Tabakindustrie. Und auch wenn das Narrativ unserer Zeit den Menschen glauben machen soll, dass Vorteile für Unternehmen automatisch zum Vorteil der Gesellschaft werden, wächst das ungute Gefühl, das irgendetwas nicht zusammen passt. Denn wenn offensichtlich wird, dass Grundbedürfnisse von Menschen und die neoliberale Logik sich widersprechen müssen wir uns entscheiden: Was wollen wir – Gesundheit oder Profit?

Ethik beschreibt eine Philosophie, die uns helfen kann abzuwägen: was ist richtig, was ist falsch, was ist gutes und was ist schlechtes Verhalten? Ethikkomissionen und Ethikräte beraten Institutionen, Staaten, Krankenhäuser. Ethik soll uns helfen in schwierigen Situationen die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Aber welches Verhalten halten wir für „ethisch“? Ethik ist kein starres Konzept, dass auf jede Situation angewendet werden kann. Die Bewertung von Vorteilen und Nachteilen einer bestimmten Handlung kann sehr unterschiedlich ausfallen, je nachdem welche Werte und welchen philosophischen Rahmen wir anlegen. Auch die Welt um uns herum, unsere Sozialisierung und unsere eigene Geschichte beeinflussen das was wir für ethisch halten.

In der Medizin oder dem Public Health Sektor kommen wir vielfach mit Themen in Berührung, die ethische Dilemmata darstellen. Wenn Armut dazu führt, dass Menschen ein deutlich kürzeres und kränkeres Leben führen muss soziale Ungleichheit auch ethisch diskutiert werden. Wenn eine Fabrik geschlossen werden soll, weil sie die Umwelt vergiftet und ein Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellt, muss diese Verbesserung für die Gesellschaft im Kapitalismus gegen die wegfallenden Arbeitsplätze und die damit eventuell einhergehende Verarmung der Betroffenen diskutiert werden. Wenn in einem Krankenhaus in vielen Entscheidungen die Medizin der Ökonomie untergeordnet wird, muss dies in unserem aktuellen gesellschaftlichen System gegen eine eventuelle Schließung des Krankenhauses und dem Wegfall jeglicher Versorgung diskutiert werden.
Könnte Ethik ein Konzept sein, mit dem wir entscheiden können, wie viel Ökonomisierung und Effizienzsteigerung noch möglich ist? Könnte uns Ethik gar den Weg in ein anderes menschlicheres System weisen?
 
In diesem Jahr werden wir in der Global Health Summer School über die Mechanismen von Globalisierung, Ungleichheit und Gesundheit reden. Wir wollen darüber diskutieren in wie weit uns  Ethik in unserer Arbeit als Menschen im Gesundheitssektor aber auch als politische Aktivist*innen helfen kann. Wir freuen uns auf Teilnehmer*innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen von allen Teilen der Welt um gemeinsam verschiedene Fragestellungen zu beleuchten und miteinander zu diskutieren um zu Lösungsansätzen zu kommen.

Während der Woche werden wir uns sozioökonomische Determinanten von Gesundheit genauso anschauen wie auch ethische Grundprinzipien im gesundheitlichen Kontext und die Mechanismen des globalisierten Kapitalismus und seine Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen. Außerdem werden unterschiedliche Konflikte zwischen Kapitalinteressen und Gesundheit anhand von Beispielen besprochen. Aber vor allem möchten wir zusammen mit euch mögliche Lösungsansätze diskutieren, uns „best practise“ Beispiele aus dem Gesundheitssektor anschauen und gemeinsam überlegen wie wir als Gesundheitsarbeitende gemeinsam weltweit einen Unterschied machen können.

Die Global Health Summer School 2018 findet vom 5.-11. August 2018 in der Ev. Schule Berlin-Mitte statt. Weitere Informationen: www.health-and-globalisation.org/summer-school.html

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Ansprechpartnerin



Laura Wunder
Referentin für Klimagerechtigkeit und Global Health
Tel. 030 / 698074 - 19
Email: wunder[at]ippnw.de

 

Anne Jurema
Referentin "Soziale Verantwortung"
Tel. 030/698074 - 17
Email: jurema[at]ippnw.de

Materialien



Papier der Plattform "Globale Gesundheit"

pdf Datei


"Klimawandel – die Doppelrolle der Gesundheitsarbeitenden"
Zusammenfassung des Workshop von Carlotta Conrand auf dem Kongress Armut und Gesundheit 2018

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